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Gewerkschafter in Kuba diskutierten anstehende Reformen

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Teilnehmer beim 21. Kongress des kubanischen Gewerkschaftsverbands CTC
Teilnehmer beim 21. Kongress des kubanischen Gewerkschaftsverbands CTC

Havanna. Der 21. Kongress des kubanischen Gewerkschaftsverbands CTC ist in Havanna zu Ende gegangen. Mehr als 1.200 Delegierte aus dem ganzen Land nahmen teil. Dabei wurden neben Fragen wie der anstehenden Umstrukturierung der Staatsbetriebe erstmals auch die Probleme im nicht-staatlichen Sektor in einem gesonderten Plenum diskutiert.

Kubas Gewerkschaften müssten inmitten der schwierigen wirtschaftlichen Situation "die Rechte der Arbeiter verteidigen", betonte CTC-Generalsekretär Ulises Guilarte.

Er gab neue Zahlen zum Stand der Beschäftigung bekannt. Demnach gibt es auf der Insel heute 4,48 Millionen Erwerbstätige, davon rund 32 Prozent im Privatsektor. Der Durchschnittslohn im Staatssektor stieg 2018 auf 871 Pesos (cirka 32 Euro), wobei 14 Prozent der Beschäftigten 440 Peso oder weniger verdienten. Offizielle Zahlen zu den Löhnen im Privatsektor sind weiterhin nicht bekannt, sie dürften jedoch deutlich höher liegen. Die Arbeitslosigkeit betrug vergangenes Jahr 1,7 Prozent.

Weitere neue Zahlen gab es auch zur Entwicklung der Privatwirtschaft auf Kuba, deren Delegierte in einer eigenen Arbeitsgruppe über die Probleme in dem Bereich berieten. Die Anzahl Kleinunternehmer betrug im Dezember 2018 rund 590.000. Im selben Monat wurden 79.925 neue Gewerbelizenzen ausgegeben, was einem Anstieg von rund 13 Prozent in knapp vier Monaten entspricht. Die Delegierten forderten vor allem eine bessere Versorgung mit Großhandelswaren sowie Erleichterungen beim Import von Ersatzteilen für den privaten Transportsektor.

Der Zweite Sekretär der Kommunistischen Partei, José Ramon Machado, mahnte Funktionäre von Gewerkschaften und Partei, die "enge Verbindung mit dem Proletariat" zu suchen, und die Arbeiter im Privatsektor verstärkt in die Gewerkschaften einzugliedern. Im aktuellen Kontext sei die Einheit der Arbeiterklasse unbedingt notwendig, so Machado.

Präsident Miguel Díaz-Canel betonte in seiner Rede die bedeutende Rolle der Arbeiter bei der Verwirklichung der "zwei Hauptaufgaben" ‒ der Entwicklung der Wirtschaft und der Landesverteidigung.

Wie der Leiter der Reformkommission, Marino Murillo, bekannt gab, soll ein Paket aus 22 Maßnahmen die Effizienz der Staatsbetriebe verbessern. Sie seien die "Hauptakteure der nationalen Wirtschaft". Eine neue Finanzinstitution soll die Liquiditätssituation verbessern helfen. High-Tech-Betriebe, die mindestens ein Viertel Hochschulabsolventen in ihrer Belegschaft zählen und großen Forschungsaufwand betreiben, sollen spezielle Förderung und weitgehende Autonomie im Außenhandel erhalten.

Wirtschaftsminister Alejandro Gill Fernández erklärte, dass die Steuerung der Staatsbetriebe künftig flexibler gestaltet werden soll. Die Verzahnung universitärer Forschung mit der Produktentwicklung soll vor allem in den High-Tech-Betrieben vorangetrieben werden. Auch für alle anderen Betriebe gibt es Neuerungen. So wird das Limit für Bonuszahlungen bei Planübererfüllung von drei auf fünf Monatsgehälter angehoben. Ausländische Direktinvestitionen sollen schneller und zielgerichteter umgesetzt werden können.

Die erstmals 2013 gebildeten Kooperativen außerhalb der Landwirtschaft, von denen es heute 434 mit rund 19.000 Beschäftigten gibt, sollen künftig ihre Rentenfonds nach einer neuen Skala erhöhen können, was die Alterspensionen vor allem für jene verbessert, die sich im letzten Drittel ihres Berufslebens für eine Tätigkeit in diesem Sektor entschieden haben.

60 ausländische Gäste aus 16 Ländern waren am Dienstag auf dem Plenum des Gewerkschaftskongresses geladen, der alle fünf Jahre stattfindet.

Kuba steht aufgrund der jüngsten Verschärfungen der US-Blockade vor schweren Zeiten und hat mit empfindlichen Ausfällen der Deviseneinnahmen zu kämpfen. Die wirtschaftliche Situation könne sich "in den kommenden Monaten weiter verschlechtern", wie KP-Generalsekretär Raúl Castro warnte.