Paraguay / Politik

Streiks für mehr Gelder und Protestwelle gegen Korruption in Paraguay

Forderung nach deutlicher Budgeterhöhung bei der Generalstaatsanwaltschaft und im Gesundheitssektor. Massive Proteste gegen korrupte Beamte und Politiker

Asunción. Während Präsident Mario Abdo Benítez in Europa unterwegs gewesen ist, haben sich die Konflikte in Paraguay weiter zugespitzt. Der im August ins Amt gewählte Benítez wurde Anfang vergangener Woche als erster Präsident Paraguays von Papst Franziskus im Vatikan empfangen. Danach traf er mit dem Staatschef Italiens zusammen und führte Gespräche mit Wirtschaftsvertretern.

Zur gleichen Zeit verschärfen sich die Proteste im südamerikanischen Land. Beamte und Angestellte der Generalstaatsanwaltschaft sind in einen Streik getreten, den sie bis zu einem Monat lang aufrechterhalten wollen, sollte der Präsident ihren Forderungen nach Erhöhung des Haushalts und der Gehälter nicht nachkommen. Die Gewerkschaft Sifetramipar der Behörde gab an, bis zum 7. Dezember die Arbeit niederzulegen. Im August hatte die Generalstaatsanwaltschaft beim Nationalkongress eine Budgeterhöhung von 53 Milliarden Guaraníes (rund acht Millionen Euro) beantragt, das Parlament hatte jedoch nur 18 Milliarden bewilligt. Präsident Abdo Benítez hatte selbst dagegen noch sein Veto eingelegt und dies mit fehlenden Finanzen begründet.

Gewerkschaftssekretär Walter Báez erklärte gegenüber der Presse, ohne diese zusätzlichen Gelder seien keine rechtskonformen Nachforschungen möglich. Seine Mitarbeiter müssten eigene Mittel und Privatfahrzeuge einsetzen, um zu Tatorten zu gelangen und zu ermitteln. Soeben erst gegründete Büros der Staatsanwaltschaft hätten wegen mangelnder Finanzierung wieder schließen müssen. Vor allem marginalisierten Delikten wie Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt werde aus Mangel an Ressourcen weniger nachgegangen, sagte er weiter.

Ebenfalls im Streik befinden sich die Mitarbeiter einiger Krankenhäuser und Gesundheitsstationen. Am 6. November haben sie ihn um einen Monat verlängert. Protestierende des öffentlichen Universitätskrankenhauses in Asunción fordern eine deutliche Erhöhung des Haushalts und eine Entfristung ihrer Arbeitsverträge. In den Gesundheitsstationen arbeiten derzeit rund 800 Einheiten der Familienversorgung mit reduzierten Kräften. Sie fordern die Bezahlung der 700 Ärzte und Krankenpfleger, die seit Monaten nur halbe Gehälter bekommen.

Auch gegen die Korruption unter Politikern und Beamten finden weiterhin massive Proteste statt. In der Nacht zum 1. November mobilisierten wütende Bürger zum Wohnhaus des Abgeordneten Miguel Cuevas um ihn um Rücktritt zu bewegen. Gegen ihn laufen Ermittlungen in mehreren Korruptionsfällen aus seiner Amtszeit als Gouverneur von Paraguarí. Gegen weitere Abgeordnete, darunter Carlos Portillo und Rodrigo Blanco sowie gegen die Senatoren Dionisio Amarilla und Arnaldo Samaniego gehen die Proteste ebenfalls weiter.

In Concepción dauern die Proteste gegen den Vorsteher des Verwaltungsbezirkes, Alejandro Urbieta Cáceres, bereits über 20 Tage an. Dabei wurden Autoreifen angezündet und andere Blockaden errichtet. Urbieta steht derzeit unter Hausarrest und hatte erst am 5. November erneut erklärt, nicht von seinem Amt zurückzutreten. Zwei Tage zuvor hatte es bei Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten Verletzte gegeben. Urbieta wird unter anderem beschuldigt, Gemeindeland verkauft zu haben. Jeden Abend finden Demonstrationen statt, an einigen Tagen drangen die Protestierenden bis zum Wohnhaus des Beamten vor, in dem er sich unter Hausarrest aufhält. Auf dem Hauptplatz wurde ein Zelt aufgebaut, in dem Unterschriften für seine Absetzung gesammelt werden.

Unterdessen erlangte ein weiterer Fall Schlagzeiten in Paraguay: Das Berufungsgericht in der Hauptstadt hatte am 6. November eine dreijährige Haftstrafe für den Ex-Präsidenten der staatlichen Erdölgesellschaft Petropar bestätigt. Sergio Escobar wird vorgeworfen, krebserregenden Diesel importiert zu haben. Schon im August 2012 hatte der damalige Staatsanwalt für Umweltdelikte bestätigt, dass der Diesel-Kraftstoff, den Petropar unter Führung von Escobar einkaufte, neben schlechter Qualität und hohem Preis auch noch einen Schwefelgehalt weit über dem erlaubten Maximum gehabt hat.

Während der politischen Auseinandersetzungen vor allem in der Hauptstadt melden sich auch die Kleinbauern zu Wort. Sie fordern die Regierung seit Jahren auf, ein Subventionsprogramm für Nahrungsproduktion zu schaffen und die Landverteilung zu überprüfen. Auf diesen Druck hat die Regierung nun reagiert. Der Vizeminister für Land- und Viehwirtschaft, Nicasio Romero kündigte einen Dialog mit den Produzenten an, um gemeinsam Lösungen zu finden. Die Regierung habe eine Agrar-Kommission mit Fokus auf Zuckerrohr und verschiedene Gemüsesorten geschaffen. Die Gespräche sollen in allen Regionen mit Unterstützung der örtlichen Verwaltungen geführt werden.