Grundsatzurteil für indigene Landrechte in Brasilien

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Indigene protestierten vor dem Obersten Gericht gegen den "Marco temporal"
Indigene protestierten vor dem Obersten Gericht gegen den "Marco temporal"

Brasília. Der Oberste Gerichtshof von Brasilien hat am Mittwoch die indigenen Landrechte gestärkt. Die Klage des Teilstaates Mato Grosso gegen die Einrichtung indigener Schutzgebiete durch die Zentralregierung wurde abgewiesen. Mato Grosso hatte Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 530 Millionen Euro gefordert, da die Übertragung des über 27.000 Quadratkilometer großen Xingu-Nationalparks an Indigene unrechtmäßig gewesen sei. Die Richter entschieden einstimmig, dass es sich hier um deren traditionelle Siedlungsgebiete handelt, die dem Bund und nicht dem Teilstaat unterstehen.

Mehr als 600 Indigene hatten sich bereits am Dienstag unter starker Polizeipräsenz vor dem Obersten Gerichtshof in der brasilianischen Hauptstadt Brasília versammelt, um gegen die Entziehung ihrer Territorien zu protestieren. Im Zuge der Erwartung des Urteils kam es landesweit zu mehreren Protesten und Kundgebungen gegenüber den öffentlichen Ämtern und Behörden, die für die Markierung der Territorien zuständig sind. Während der Urteilsverkündung hatten 150 Indigene Zugang zum Gerichtssaal.

Ein Urteil über die Frage des “marco temporal”, also des Zeitpunkts, ab der die Grenzziehung der Gebiete rechtskräftig ist, steht dagegen noch aus. Befürworter des "marco temporal" wollen nur Besitzansprüche der Indigenen für Territorien gelten lassen, die sie beim Inkrafttreten der Verfassung im Jahr 1988 besiedelten. Für die Gegner dieser These geht aus der Verfassung dagegen eindeutig hervor, dass auch vor dem brasilianischen Staat existierende Gebiete historisch-kulturelles Eigentum der Gemeinschaften sind, unabhängig von ihrer zeitlichen, kontinuierlichen Besetzung und Nutznießung. Historisch-kulturelle Gegebenheiten seien zu beachten, wie die Vertreibung eines Großteils der indigenen Bevölkerung von ihren angestammten Gebieten durch Großgrundbesitzer sowie durch den Staat während der brasilianischen Militärdiktatur von 1964 bis 1985, oder die Tradition einiger Stämme, als Nomaden zu leben, durch die besagte Ländereien nicht durchgängig bewohnt waren.

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