Proteste gegen Entlassungen bei PepsiCo und Polizeigewalt in Argentinien

Betrieb ohne Ankündigung geschlossen, 600 Angestellte entlassen. Besetzung von Polizei gewaltsam beendet. Arbeitsgericht: Massenentlassungen sind illegal

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Transparente bei der Demonstration am 18. Juli in der Hauptstadt von Argentinien
Bei der Demonstration am 18. Juli in der Hauptstadt von Argentinien. "Generalstreik", "Schluss mit Entlassungen und Repression".

Buenos Aires. Tausende Menschen sind am Dienstag in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires auf die Straße gegangen, um die entlassenen Angestellten des Getränke- und Lebensmittelkonzerns PepsiCo zu unterstützen. Zugleich protestierten sie gegen Polizeiübergriffe bei der Räumung eines besetzten Werks des US-amerikanischen Konzerns. Neben der Forderung nach Wiedereröffnung des geschlossenen Betriebes wurde der Ruf nach einem Generalstreik gegen weitere Entlassungen und die neoliberale, repressive Politik der Regierung von Präsident Mauricio Macri laut. Die Protestierenden kritisierten zudem die "Bürokraten des Gewerkschaftsverbandes" CGT: Dessen Vertreter für die Angestellten der Nahrungsmittelindustrie habe gegen den Willen der Mehrheit der Arbeiterinnen und Arbeiter mit dem US-Multi und der Regierung verhandelt. Zur Demonstration aufgerufen hatten Gewerkschaften, soziale und politische Organisationen.

Angestellte von PepsiCo im argentinischen Vicente López, die sich gegen die Schließung ihres Werks wehrten, waren vergangene Woche von der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen angegriffen worden. Ein Arbeitsgericht hat die Massenentlassungen mittlerweile für illegal erklärt.

Den rund 600 Angestellten der auf die Produktion von Snacks spezialisierten Fabrik, in der Mehrzahl Frauen, war am 20. Juni der Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz verwehrt worden. Ein Schild am Eingangstor informierte sie über ihre Entlassung aufgrund der Schließung des Werks. Als das Unternehmen damit beginnen wollte, Maschinen abzutransportieren, besetzten etwa 100 Beschäftigte das Fabrikareal und hielten Mahnwachen und Protestaktionen ab. Einer Strafanzeige seitens des Unternehmens folgend erteilte Richterin Andrea Rodríguez Mentasty vergangene Woche einen Räumungsbescheid. Dieser führte nach Augenzeugenberichten zu dem brutalen Polizeieinsatz, bei dem nicht nur Einrichtungen der Fabrik zerstört wurden, sondern auch ein benachbarter Kindergarten vom Tränengasangriff betroffen war.

Einige Betroffene unternahmen rechtliche Schritte. Mittlerweile erklärte ein Arbeitsgericht die Entlassungen in zehn Fällen für illegal: PepsiCo habe sich nicht an die gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise zur Krisenvorbeugung gehalten. Diese verpflichtet die Unternehmen, Nachweise für eine ökonomische Krisensituation und einen entsprechenden Krisenplan für die Belegschaft beim Arbeitsministerium vorzulegen. Das Arbeitsministerium unter Jorge Triaca wiederum habe es versäumt, die Einhaltung des Gesetzes einzufordern. Das Urteil verpflichtet PepsiCo zur Wiedereinstellung der Betroffenen bzw. zur Zahlung von 5.000 Pesos (rund 250 Euro) täglich im Falle einer Weigerung.

In der Begründung heißt es unter anderem: "Das Recht auf Arbeit ist ein Grundrecht, das die Inanspruchnahme anderer Menschenrechte erst ermöglicht." In einem Radiointerview argumentierte der zuständige Richter Luís Raffaghelli, ein Unternehmen habe kein "absolutes Recht" darauf, von einem Tag auf den anderen zu schließen, weil es an Rentabilität mangele. Ein Unternehmen diene ebenso wie Privatbesitz im Allgemeinen einem sozialen Zweck. Es sei die Aufgabe des Staates, die soziale Gerechtigkeit sicherzustellen.

Der Generalsekretär der CGT für Nahrungsmittelindustrie, Rodolfo Daer, kritisierte indes die Werksbesetzung und sah in dem Entschädigungsangebot seitens PepsiCo einen gewerkschaftlichen Erfolg. Zahlreiche Angestellte, die Entschädigungszahlungen des Unternehmens akzeptierten, hatten jedoch in einem gemeinsamen Brief darauf hingewiesen, ihnen wäre mit einer viel geringeren Entschädigungszahlung gedroht worden, würden sie sich nicht mit ihrer Entlassung einverstanden erklären.

Die Schließung des Werks erfolgt in einer Phase des Verfalls der argentinischen Industrie bei gleichzeitig verstärkten Importen. So errechnete das nationale Statistikinstitut für die ersten vier Monate dieses Jahres einen Rückgang der Industrieproduktion um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Entwicklung war in 15 aufeinanderfolgenden Monaten jeweils negativ. Gleichzeitig führt die verstärkte Einfuhr von Produkten zu einem Anwachsen des Handelsdefizits.

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