Kontinentales Treffen zu indigener Kommunikation in Bolivien

Recht auf Information und Kommunikation soll umgesetzt werden. Einrichtung eines indigenen Fernsehkanals mit internationaler Reichweite gefordert

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Beim Kommunikationsgipfel forderten die Teilnehmenden die Umsetzung des Rechts auf Information und Kommunikation der indigenen Völker
Beim Kommunikationsgipfel forderten die Teilnehmenden die Umsetzung des Rechts auf Information und Kommunikation der indigenen Völker

Tiquipaya, Bolivien. Vom 15. bis zum 19. November hat in Tiquipaya nahe der Stadt Cochabamba der dritte kontinentale Gipfel zu indigener Kommunikation der Länder Lateinamerikas stattgefunden. Nach 2010 in Kolumbien und 2013 in Mexiko war dieses Jahr Bolivien Austragungsort. Zwischen 1.000 und 1.800 Menschen aus über 20 Ländern nahmen teil. Neben den wichtigsten indigenen Organisationen und Gewerkschaften lateinamerikanischer Länder waren auch Vertreter der Vereinten Nationen (UN), aus den USA und Spanien anwesend.

Boliviens Präsident Evo Morales unterstrich bei der Eröffnung den Aufbau von beinahe 100 kommunitären Radios in seiner Amtszeit und deren Bedeutung als Gegengewicht zu den kommerziellen Privatmedien. Als Hommage an den verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez verteidigte er den lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur als "antiimperialistisches Projekt". Mauricio Ramírez, UN-Vertreter in Bolivien, würdigte die Veranstaltung als einen wichtigen Schritt zum Schutz der kollektiven und individuellen Rechte der Indigenen: "In Bolivien ist die Erklärung der Vereinen Nationen über die Indigenen Völker gesetzlich verankert. Mit diesem bedeutsamen Fortschritt ist Bolivien Vorreiter im regionalen und globalen Maßstab", betonte er.

Die bolivianische Kommunikationsministerin, Marianela Paco, hob gegenüber der Presse die Notwendigkeit der "Dekolonialisierung der Medieninhalte" hervor. Die Zusammenkunft habe sich zum Ziel gesetzt, das Recht auf Information und Kommunikation der indigenen Völker umzusetzen, damit deren Kultur, Identität, Prinzipien und Werte in den Massenmedien Aufmerksamkeit geschenkt würde. "Wir wollen der Welt von unserer Existenz berichten und nicht nur auf ein kleines begrenztes Territorium beschränkt bleiben", so die Ministerin.

Die Ausgrenzung indigener Realitäten hat sich auch während des Gipfels einmal mehr bewahrheitet. Boliviens Tageszeitung Opinión bezeichnete es als paradox, dass über ein solch bedeutsames internationales Ereignis in den traditionellen Medien kaum berichtet wurde. Aber auch die teilnehmenden Organisationen und Veranstalter hätten sich zu wenig darum bemüht, weitere Medienakteure einzubeziehen. Die Ausgrenzung und der mangelnde Dialog sei ein beiderseitiges Phänomen.

Nach fünftägiger Diskussion in acht Themenbereichen empfahlen die teilnehmenden Organisationen die Gründung eines Observatoriums zur Einhaltung der indigenen und afroamerikanischen Kommunikationsrechte. Die Medienaufsicht solle sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene rechtlich verankert werden. Eine weitere Forderung ist die Einrichtung eines indigenen Fernsehkanals mit derselben Reichweite wie Telesur. Für das kontinentale Netzwerk müssten Vereinbarungen mit den Regierungen Lateinamerikas unterzeichnet werden. Darüber hinaus solle das Studienfach "Indigene Kommunikation und Rechte" an Universitäten eingerichtet werden. Zur arbeitsrechtlichen und professionellen Anerkennung von Journalisten schlugen die Delegierten die Gründung eines Medieninstituts für Indigene und Afrobolivianer vor, wo verschiedene Abschlüsse erworben werden könnten. An die Regierung Boliviens wurde appelliert, indigene Kommunikationsmedien mit Frequenzen und technischer Ausrüstung auszustatten und ihre Finanzierung durch die gerechtere Verteilung von Werbegeldern zu garantieren. Es müsse ein Vizeministerium für interkulturelle Kommunikation geschaffen werden.

Einzelne Vertreter indigener Bewegungen aus Peru, Ecuador, Argentinien, Guatemala, Kolumbien und Mexiko kritisierten indes "die massive Einmischung" der bolivianischen Regierung während des Treffens und richteten ein Parallelforum ein. In einem Kommuniqué bemängelten die Unterzeichner die fehlende Unabhängigkeit von der Regierung und die Ausgrenzung wichtiger Wissensbestände indigener Völker im Programmablauf.

Am 12. Oktober hatte die Regierung Morales ein Dekret verabschiedet, in dem das Kommunikationsministerium mit der Logistik des Gipfels aus eigenen Haushaltsmitteln beauftragt wurde. Parteimitglieder der Opposition im Parlament haben eine Untersuchungskommission über die Ausgaben und die Organisation des Treffens angekündigt.

In der Abschlusserklärung wurde Guatemala als Veranstaltungsort für den nächsten Kommunikationsgipfel im Jahr 2018 festgelegt.

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