Mexiko / Menschenrechte

Neue Zweifel an Regierungsversion über verschwundene Studenten in Mexiko

Argentinisches Expertenteam widerlegt offizielle Version zum Verbleib von 43 Studenten aus Guerrero. Kritik an Untersuchungen der Behörden

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Die Suche nach den 43 verschwundenen Studierenden von Ayotzinapa hält an.
Die Suche nach den 43 verschwundenen Studierenden von Ayotzinapa hält an

Mexiko-Stadt. Ein Forensiker-Team aus Argentinien hat die Darstellung der mexikanischen Regierung über den Verbleib von 43 Studierenden in Frage gestellt, die im September 2014 verschleppt und mutmaßlich ermordet wurden. Das argentinische Team von forensischen Anthropologen (EAAF) war von Angehörigen der jungen Männer engagiert worden.

Damit ist das Gutachten des EAAF bereits die zweite internationale Untersuchung, die der offiziellen Version widerspricht. Schon die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) war der Darstellung der mexikanischen Behörden entgegengetreten.

In dem Gutachten des EAAF heißt es, die Studierenden seien nicht, wie behauptet, von Mitgliedern des Drogenbande Guerreros Unidos auf einer Müllhalde im Ort Cocula im mexikanischen Bundesstaat Guerrero verbrannt worden. Das hatten vor gut einem Jahr der Generalstaatsanwalt Jesús Murillo und die mexikanische Bundesregierung erklärt. Die Männer des Kartells hätten die Studierenden aus Ayotzinapa im Auftrag der Polizeibehörde aus Iguala in Cocula beseitigt.

Das EAAF kam nach Abschluss der Untersuchungen zu drei grundlegenden Schlussfolgerungen. Zwar gab es mehrere Feuer auf der Mülldeponie. Diese können jedoch nicht groß genug gewesen sein, um eine solch große Gruppe von Leichen zu verbrennen. Auch die vor Ort befindlichen Munitionsreste verweisen auf Waffen, die von den Guerreros Unidos nicht verwendet werden. Dieses Ergebnis widerspricht sowohl den Aussagen der vermeintlichen Auftragsmörder als auch denen der Polizei.

In Cocula wurden zwar menschliche Reste gefunden, diese sind jedoch nachweislich nicht den Studierenden von Ayotzinapa zuzuordnen. Bei den Fundstücken handelt es sich um Zahnkronen. Die Angehörigen der Verschwundenen gaben an, dass niemand von ihnen einen solchen Zahnersatz getragen habe.

Darüber hinaus kritisierte die EAAF in ihrem Gutachten die Vorgehensweise der mexikanischen Behörden bei der Ermittlung. Nachdem beide Teams, das mexikanische und argentinische, Proben vor Ort entnommen hatten, waren die mexikanischen Ermittler ohne Rücksprache auf die Müllhalde zurückgekehrt. An diesen Tagen hatte es keine Sicherheitsaufsicht am Ort gegeben.

Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der EAAF hat die mexikanische Regierung bekanntgegeben, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben.

In Iguala gibt es mehr als 300 Fälle von verschwundenen Personen, die noch nicht aufgeklärt wurden.

Die 43 Lehramtsstudenten waren Ende September 2014 nahe der Ortschaft Iguala festgenommen und verschleppt worden. Seitdem sind sie verschwunden. In den Zwischenfall waren verschiedene Polizeibehörden verwickelt.

Die Bundesstaatsanwaltschaft akzeptierte am 30. November vergangenen Jahres nach Protesten schließlich zehn neue Untersuchungsansätze, die im September von der unabhängigen Expertengruppe GIEI, einem Gremium der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, vorgeschlagen wurden. Seither gehen die Behörden nicht mehr ausschließlich von der Verbrennung der Studenten auf der Müllhalde von Cocula aus, sondern gehen auch nicht berücksichtigten Spuren nach. Auch sollen aufgenommene Telekommunikationsdaten durch das staatlich-militärische Überwachungsprogramm C4 ausgewertet werden.