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Politische Neubesetzungen bei Staatsmedien in Argentinien

Neuer Ministerposten zur Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien geschaffen. Satiresendung droht Einstellung. Wird Mediengesetz gekippt?

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Präsident Macri (rechts) und Hernán Lombardi
Präsident Macri (rechts) und Hernán Lombardi

Buenos Aires. Argentiniens neuer Präsident Mauricio Macri plant eine größere Umgestaltung im Bereich der staatlichen Medien, die nach der zwölfjährigen Ära unter Cristina Fernández de Kirchner und ihrem 2010 verstorbenen Ehemann Néstor Kirchner die geltenden Grundwerte des öffentlichen Fernsehens, Radios und Nachrichtenwesens verletzen würden. Staatliche Medien sollen "nicht als parteipolitische Plattform dienen, sondern Informationen und ein kulturelles Angebot anbieten", erklärte Macri bei einer Pressekonferenz am 25. November. Kritiker befürchten hingegen eine neue Politik der Ausgrenzung in Staatsmedien.

In Zukunft soll etwa Hernán Lombardi, seit dem Regierungswechsel vom 10. Dezember Inhaber des neu geschaffenen Ministerpostens für öffentliche Medien, über das staatliche Fernsehen (unter anderem TV Pública, DeporTV) und Radio (Radio Nacional) sowie die staatliche Nachrichtenagentur Télam wachen. Zu Lombardis Ministerium, das die argentinische Tageszeitung La Nación als "fünfköpfiges Monster" bezeichnet, gehört ebenfalls die Verwaltung des kürzlich eröffneten Kirchner-Kulturzentrums und des Tecnópolis, eines nationalen Themenparks für Wissenschaft und Technik. Dem ehemaligen Kulturminister der Stadt Buenos Aires steht für diese Aufgabe im Jahr 2016 ein Budget von über 3.500 Millionen Pesos (rund 350 Millionen US-Dollar) zur Verfügung.

Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner reagierte umgehend auf die Ankündigung des neuen "Megaressorts". Wenige Tage vor ihrem Abtritt forderte sie alle Direktoren und Präsidenten aus dem Medienressort ihrer Regierung dazu auf, der Macri-Regierung Widerstand zu leisten und ihre bis Ende 2017 rechtskräftigen Anstellungsverträge zu erfüllen. Bis auf eine Ausnahme sind in der Zwischenzeit jedoch alle Direktoren und Präsidenten auf eigenen Wunsch hin zurückgetreten. Einzig Martín Sabbatella, Präsident der Bundesbehörde für Audiovisuelle Mediendienste (Afsca), verbleibt in seinem Amt und will für das aktuell geltende Mediengesetz kämpfen.

Lombardi versprach seinerseits, die Qualität der staatlichen Medien zu fördern und sich nicht an der Vorgängerregierung "zu rächen". Trotzdem kündigte er vor seinem Amtsantritt erste Maßnahmen an, die als direkte Provokation gewertet werden. Beispielsweise soll das Kirchner-Kulturzentrum per Parlamentsbeschluss in "Kulturzentrum des Zweihundert-Jahre-Tags" (der Unabhängigkeit) unbenannt werden. Zudem will er die Ausstrahlung öffentlicher Werbung – während der Ära Kirchner eine wichtige Kommunikationsmaßnahme – drastisch einschränken.

Den größten Aufschrei in der argentinischen Öffentlichkeit provozierte jedoch die Ankündigung, die Politsatire-Sendung "6,7,8" des staatlichen Senders Canal 7 einzustellen. Die Sendung, welche 2009 durch Präsidentin Kirchner mit dem Ziel initiiert wurde, den Darstellungen der politischen und sozialen Verhältnisse in den Massenmedien entgegenzuwirken, betrachtet Lombardi als "ultra-kirchneristisch und aggressiv". Die Macher von "6,7,8" erklärten daraufhin, dass sie auch "in Zukunft auf irgendeine Art und Weise weitermachen werden", und gingen am 11. Dezember, am Folgetag des Regierungswechsels, pünktlich um 21.00 Uhr auf Canal 7 auf Sendung.

Tags darauf verkündete Telekommunikationsminister Oscar Aguad, ebenfalls Inhaber eines durch Macri neu geschaffenen Ministeriums, dass "das jetzige Mediengesetz in der aktuellen Regierung nicht fortbestehen wird und dass sich die staatlichen Medien künftig frei auf dem Markt messen werden". Seiner Meinung nach wurde das Mediengesetz mit der Absicht geschaffen, private Medienkonzerne wie Grupo Clarín und Cadena 3 "auszulöschen". Im selben Interview sprach er sich zudem gegen den Verbleib von Sabbatella als Afsca-Präsident aus.

Am Montag gingen tausende Menschen in verschiedenen argentinischen Städten auf die Straße, um das Mediengesetz zu verteidigen. Es trat 2013 nach jahrelangen Diskussionen in Kraft und hat zur Demokratisierung der Medienlandschaft beigetragen. Durch die geregelte Vergabe von einem Drittel der Sendeplätze an kommunale Medien können soziale Bewegungen, indigene Gemeinschaften, universitäre und gewerkschaftliche Anbieter von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung unmittelbaren Gebrauch machen. Die Clarín-Gruppe ist am stärksten von der Neuregelung betroffen.