Port-au-Prince / Santo Domingo. Die Regierung von Haiti hat angesichts der drohenden Abschiebung zehntausender Menschen aus der Dominikanischen Republik vor einer humanitären Krise gewarnt. Premierminister Evans Paul kündigte einen Plan zur sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung der Deportierten an und rief zugleich das Nachbarland zum Dialog auf, um das "Migrationsproblem zu lösen".
Die Regierung der Dominikanischen Republik hatte in der vergangenen Woche angekündigt, mit den Deportationen derjenigen Haitianer zu beginnen, deren Gesuch auf einen "legalen Aufenthalt" im Rahmen des staatlichen "Plans zur Regulierung der Einwanderung" nicht gestellt oder abgelehnt wurde. In den kommenden Wochen sind damit etwa 150.000 Haitianer von der Abschiebung bedroht.
Vor zwei Jahren hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass im Land geborene Kinder von Ausländern nicht automatisch die Staatsbürgerschaft erhalten. Mit diesem Urteil wurde rückwirkend tausenden von im Land geborenen Kindern haitianischer Migranten die Staatsbürgerschaft entzogen, um ihre Abschiebung durchzusetzen. Dies betrifft alle, die nach 1929 auf dominikanischen Boden geboren wurden, also Nachkommen derjenigen Haitianer sind, die in das wohlhabendere Nachbarland kamen, um dort zu arbeiten. In der vergangenen Woche lief die Frist ab, um sich gültige Dokumente zu besorgen.
Die Karibische Gemeinschaft (Caricom) hatte nach dieser Entscheidung den Antrag der Dominikanischen Republik abgelehnt, als vollwertiges Mitglied in den Staatenbund aufgenommen zu werden. Die Caricom teilte damals mit, dass sie das Gerichtsurteil als "diskriminierend" ansieht, da es "rückwirkend tausende dominikanische Bürger, größtenteils haitianischer Abstammung, staatenlos werden lässt". Die internationale Gemeinschaft müsse den Druck auf die Dominikanische Republik erhöhen, damit das Urteil des Verfassungsgerichts nicht greife.
Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) rief die dominikanische Regierung auf, von der Massenabschiebung abzusehen. Die Konsequenzen für das verarmte Haiti wären fatal, sagte UNHCR-Sprecher Adrian Edwards in der vergangenen Woche in Genf.
Indes gab der dominikanische Präsident Danilo Medina die Ausstellung von Dokumenten für 55.000 Nachfahren von Einwanderen ohne Papiere bekannt. Dies berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Samstag. Robin Guittard, der für die Karibik zuständige Leiter bei Amnesty International, begrüßte die Entscheidung: "Es werden gute Nachrichten sein, wenn die 55.000 bis zur letzten Person unter ihnen tatsächlich alle ihre Dokumente bekommen und letztendlich ihre Kinder anmelden können." Zehntausende weitere Einwanderer aus Haiti müssen jedoch weiterhin fürchten, abgeschoben zu werden.