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Lehrer in Chile streiken gegen Regierung und Gewerkschaft

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Lehrer in Chile streiken trotz Einigung zwischen Bildungsministerium und Gewerkschaftsführung. Auf dem Transparent steht: "Lehrer, die kämpfen, lehren auch"
Lehrer in Chile streiken trotz Einigung zwischen Bildungsministerium und Gewerkschaftsführung. Auf dem Transparent steht: "Lehrer, die kämpfen, lehren auch"

Santiago. Im Streit um grundlegende Reformen der Arbeitsbedingungen sowie der Ausbildung der Lehrenden in Chile ist kein Ende in Sicht. Dabei richtet sich ihr Unmut nicht nur gegen das Bildungsministerium, sondern auch gegen die Gerwerkschaft. Die Basis der Lehrerbewegung fühlt sich aus den Verhandlungsprozessen um mögliche Reformen ausgeschlossen und kritisiert die bisherigen Ergebnisse. Stimmen werden laut, die den Rücktritt von Gewerkschaftsführer Jaime Guzmán fordern. Neben zahlreichen Großdemonstrationen haben in ganz Chile 50.000 Lehrer in 200 Kommunen des Landes ihre Arbeit niedergelegt. In Städten wie Valparaíso und Concepción werden 70 bis 80 Prozent der öffentlichen Schulen bestreikt, wodurch zehntausende Schüler seit Wochen vom Unterricht befreit sind.

Neben der Festanstellung von Pädagogen mit befristeten Verträgen, der Anhebung des Mindestlohns, der arbeitszeitlichen Entlastung sowie einem Rentenzuschlag verlangen die Lehrer die Begleichung der so genannten historischen Schuld. Die radikalen Gehalts- und Rentenkürzungen während der Diktatur trieben auch viele Pädagogen in die Armut. In den vergangenen dreißig Jahren war keine Lösung für die prekäre Lage dieser Lehrergeneration gefunden worden.

Nachdem die Lehrergewerkschaft nach monatelanger Stagnation am 5. November einen unbefristeten Generalstreik beschlossen hatte, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, rückte sie nur zwei Tage später von der Politik der Mobilisierung ab. Der plötzliche Meinungsumschwung der Gewerkschaftsspitze, eine Reaktion auf die signalisierte Verhandlungsbereitschaft des Bildungsminister, brachte große Teile der Lehrerschaft gegen ihre eigene Vertretung auf. Daran änderte auch das am 21. November unterzeichnete Abkommen zwischen Minister Nicolás Eyzaguirre und Gewerkschaftsführer Gajardo nichts. Als Antwort auf ihren Ausschluss aus den Verhandlungen organisierten die Basisvereinigungen vieler Regionen eine Parallelbewegung, die den Streik auf unbestimmte Zeit fortführen will. Rund 83 Prozent der Lehrerschaft lehnen die Vereinbarung ab.

Trotz der Proteste tausender Lehrer betonte Gajardo nach Unterzeichnung des Dokuments die Geschlossenheit der Gewerkschaft. Auch Bildungsminister Eyzaguirre zeigte sich zufrieden: Man sei zu einer wesentlichen Übereinkunft über die fünf Forderungen gekommen, so der Minister. Zudem rief er zur Beendigung des Streiks auf, "für unsere Kinder, für unsere öffentliche Bildung."

Unterdessen kritisieren die streikenden Lehrer, dass das entstandene Abkommen lediglich für zwei der fünf Punkte Ergebnisse liefere, die außerdem unbefriedigend seien: Weder die Einigungen über die Festanstellung der Lehrer noch über den Rentenzuschlag entsprächen den ursprünglichen Forderungen und hätten einer Diskussion unter Einschluss der Basis bedurft. Zugleich wäre man weder hinsichtlich der Festlegung eines neues Mindestlohns noch dem Ausgleich der "historischen Schuld" sowie der Eindämmung der Arbeitsbelastung zu einem konkreten Ergebnis gekommen.