Bauern in Venezuela fordern Gesetz gegen Auftragsmord

Zahlreiche Tote seit Einführung der Landreform im Jahr 2001. Angehörige von Opfern beschuldigen Großgrundbesitzer und beklagen Straflosigkeit

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Das Nationale Netzwerk der Kommunarden ist eine landesweite Struktur selbstverwalteter Gemeinden, die in den Consejos Comunales, den kommunalen Räten organisiert sind
Das Nationale Netzwerk der Kommunarden ist eine landesweite Struktur selbstverwalteter Gemeinden, die in den Consejos Comunales, den kommunalen Räten organisiert sind

Caracas. Die Vereinigung der Angehörigen der Opfer von Auftragsmord (Asofavisi) und das Nationale Netzwerk der Kommunarden haben sich für die Schaffung eines Gesetzes gegen Auftragsmord ausgesprochen. In der Begründung heißt es, dass in Venezuela in den vergangenen 13 Jahren 178 Bauern von bezahlten Mördern getötet worden seien.

Die Bauern seien ermordet worden, weil sie das Gesetz über Land und Agrarentwicklung verteidigt haben, das im November 2001 vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez per Dekret erlassen wurde. Damit wurde der Großgrundbesitz beschränkt und ungenutzte Böden können seitdem vom Staat enteignet und an Kleinbauern zur Bearbeitung übergeben werden.

Diese Praxis führt nach Angaben der Beschwerdeführer immer wieder zu Konflikten mit den Großgrundbesitzern, die sich der Übernahme ihrer Ländereien durch Gruppen von Bauern widersetzen oder behaupten, nicht angemessen für die Enteignungen entschädigt zu werden. Bauernorganisationen und indigene Gemeinschaften beschuldigen die Landeigentümer, bewaffnete Männer anzuheuern, um gezielt Bauernführer und Landarbeiter zu ermorden. Korruption in den örtlichen Justizbehörden sowie der starke Einfluss der Großgrundbesitzer auf Regierungen, Polizei und Justiz in den ländlichen Regionen Venezuelas verhinderten die Verfolgung dieser Verbrechen.

"Seit 2001 haben wir die Wut der nationalen Bourgeoisie, der Landbesitzer erlebt. Wir haben gesehen, wie 178 Bauern von bezahlten Mördern getötet wurden", sagte Maite Garcia, Sprecherin von Asofavisi, bei einer Pressekonferenz Ende vergangener Woche. Sie ist die Tochter des Bauern Armando García, der am 19. September 2002 in Zulia ermordet wurde. "Alle Fälle sind bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht worden. Doch bis heute sitzt keine einzige Person für die Morde an unseren Familienangehörigen im Gefängnis." Die Verdächtigen würden nicht einmal von den staatlichen Behörden gesucht, so Garcia.

Die Angehörigengruppe und die Kommunarden fordern nun Präsident Maduro auf, per Dekret ein Gesetz zu erlassen, das die Täter und Drahtzieher der Morde an Bauern zur Rechenschaft zieht. Es sei außerdem notwendig, dass Auftragsmorde als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft und bestraft werden, sagt García. Es seien bereits 17.000 Unterschriften zur Unterstützung dieses Vorschlags gesammelt worden. Ziel sei die Identifizierung der Verantwortlichen und die Bekämpfung der Straflosigkeit.

Außerdem solle eine Kommission gebildet werden, in der Vertreter des Obersten Gerichtshofes (TSJ), der Generalstaatsanwaltschaft, des Innen- und Justizministeriums sowie der Asofavisi vertreten sind, um "tragfähige Strategien zur Bekämpfung der Straflosigkeit" auszuarbeiten und die strafrechtliche Verantwortung derjenigen festzulegen, die für diese Morde bezahlen. Man habe sich bereits seit mehreren Monaten mit der Staatsanwaltschaft, dem TSJ und Mitgliedern der Ständigen Kommission für Innere Angelegenheiten der Nationalversammlung in einem Arbeitskreis getroffen, sagte William Gudino, Präsident des Nationalen Netzwerks der Kommunarden.

Weitere Forderungen der beiden Gruppen sind ein staatlich gefördertes Programm zur Unterstützung der Angehörigen der Opfer sowie ein Sozialprogramm zur Förderung von Bäuerinnen.

Die am stärksten von den Morden betroffenen Bundesstaaten sind Zulia, Apure, Táchira, Trujillo, Portuguesa und Barinas. Die Bauern und die Familien der Opfer, die Fälle von Auftragsmorden anzeigen, würden mit dem Tod bedroht und von ihrem Land vertrieben. "Wir sind davon überzeugt, dass die kolumbianischen Paramilitärs in enger Beziehung zu diesen Verbrechen stehen. Wir wollen mit den Behörden zusammenarbeiten, um diese bewaffneten und organisierten Gruppen zu identifizieren, zu suchen und festzusetzen", sagte Gudino.

Nach inoffiziellen Zahlen sind seit Beginn der Konflikte im Jahr 2001 mehr als 300 Bauern ermordet worden. Venezuelas größte Bauernorganisation, die "Frente Nacional Campesino Ezequiel Zamora", macht außer den Großgrundbesitzern auch Paramilitärs und Angehörige staatlicher Sicherheitskräfte für die Verbrechen verantwortlich, die im Grenzgebiet zu Kolumbien in den Drogenhandel und Warenschmuggel verwickelt sind. Diese gehen mit allen Mitteln gegen die organisierten Bauern vor, die ihre Geschäfte stören.