Honduras

Honduras-Aufruf von Rigoberta Menchú

An die internationale Gemeinschaft und an alle demokratischen Kräfte des Kontinents und der Welt

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Honduras-Aufruf von Rigoberta Menchú
Riguberta Menchú

Die Leute, gemacht aus Mais, machen den Mais. Die Leute, geschaffen aus dem Fleisch und den Farben des Mais`, graben für den Mais eine Wiege und bedecken ihn mit guter Erde und säubern ihn von Unkraut und bewässern ihn und sagen ihm Worte, dass sie ihn gern haben. Und wenn der Mais ausgewachsen ist, mahlen ihn die Leute aus Mais auf einem Stein und heben ihn auf und bejubeln ihn und betten ihn in die Liebe des Feuers und essen ihn, damit er, der Mais, in den Leuten aus Mais ewig lebend weiter über die Erde schreitet.

- "Ausblicke auf Zyklen" von Eduardo Galeano -

Guatemala-Stadt/Tegucigalpa. Ich habe vor Ort bestätigt gefunden, auf welche Weise man versucht hat, unser honduranisches Brudervolk der Souveränität, seiner demokratischen Institutionen und seiner Würde zu berauben. Ich habe ebenso feststellen können, wie die Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte und ihre Entscheidung verteidigen, die sie mit der demokratischen Wahl des Präsidenten Manuel Zelaya an den Wahlurnen getroffen haben. Ich habe auch überprüft, wie im Schlaglicht des von den traditionellen wirtschaftlichen und politischen Kräften inszenierten Militärputsches die Menschenrechte der Honduranerinnen und Honduraner in einem immer stärkeren Maße verletzt wurden.

Nun werde ich erneut Zeuge davon, wie eine De-facto-Regierung dem Dialog und möglichen Verhandlungen jegliche Möglichkeit versperrt, wenigstens auch nur die Verfassung und funktionierende demokratische Institutionen wieder herzustellen, ebenso wie sie die vielfachen Resolutionen, die aus dem Schoß der Organisation Amerikanischer Staaten und der Vereinten Nationen hervorgegangen sind, nicht beachtet und sogar gegen sie verstoßen hat.

Angesichts des bevorstehenden Risikos von Gewalt und der Gefahr, dass diese gegen Präsident Zelaya, die diplomatische Vertretung Brasiliens und die soziale Bewegung gerichtete wird, fordere ich heute:

  1. dass das Leben, sowie die physische und psychische Integrität von Präsident Manuel Zelaya, seiner Begleiter und des diplomatischen Corps respektiert werden, all jener also, die sich in der Botschaft von Brasilien in Honduras befinden;
  2. die volle Respektierung der diplomatischen Immunität, die von der Wiener Konvention garantiert wird sowie ein Ende der Belagerung der brasilianischen Botschaft, die von der De-facto-Regierung angeordnet worden ist;
  3. dass die Rede- und Meinungsfreiheit, das Leben und die Grundrechte derer garantiert werden, die sich zu Gunsten derselben und für die Demokratie aussprechen und dafür demonstrieren, und dass die Dutzenden illegal verhafteten Honduranern freigelassen werden.

Guatemala, 23. September 2009

Rigoberta Menchú Tum - Trägerin des Friedensnobelpreises


Übersetzung: Klaus E. Lehmann