Honduras / Medien

"Wir waren schon immer kritisch"

Interview mit Radio Progreso zur Situation der Medien in Honduras

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"Wir waren schon immer kritisch"
Radio Progreso - Die Stimme, die mit dir ist.

Fortaleza/Tegucigalpa. 109 Tage nach dem Staatsstreich und der Entmachtung von Präsident Manuel Zelaya dauern militärische Repression und die Verletzung der Menschenrechte an. Karla Rivas, die Koordinatorin der Presseabteilung von Radio Progreso, zur aktuellen Lage in dem mittelamerikanischen Land.


Die derzeitige Repression gegen die Medien in Honduras wird von vielen als eine der rigorosesten Einschränkungen der Pressefreiheit betrachtet, die Lateinamerika in den letzten Jahren erlebt hat. Wie werden Sie mit dieser Situation fertig?

Als Radio haben wir die gleichen Schwierigkeiten wie jedes Medium, das in der aktuellen Situation versucht, regierungskritisch zu sein. Das wurde uns schon gleich am Tag des Putsches bewusst. Aber am nächsten Tag hat sich das Radio auf seinen verfassungsgemäßen Auftrag und auf den Kurs besonnen, der für uns in den letzten Jahrzehnten maßgeblich war. Wir waren schon immer kritisch, haben uns immer als Gegenpol zu einer Regierung verstanden, die korrupt ist, ihre Versprechen nicht einhält und der es an politischem Weitblick mangelt. Aber was wir seit dem 25. Juni an Repression zu spüren bekommen, übertrifft alles Vorangegangene.

Obwohl der Ausnahmezustand inzwischen aufgehoben wurde, werden Medien weiterhin verfolgt?

An dem Tag, an dem das Exekutivdekret PCM-M-016-2009 zur Annullierung der Verfassungsgesetze aufgehoben wurde, trat das Exekutivabkommen 124-2009, das die Beschränkung der Medienarbeit juristisch legitimiert, in Kraft. Diese Verfügung weist die staatliche Telekommunikationskommission Conatel an, "die Sendelizenzen aller Radio- oder Fernsehstationen zu widerrufen oder aufzuheben, die Hass schüren, die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts angreifen, zum sozialen Aufruhr gegen den demokratischen Staat aufrufen". Von welchem Staat soll denn da die Rede sein?

Wie lässt sich die derzeitige Situation der Medien in Honduras beschreiben?

Wir sind totale wehrlos. Die Nationale Menschenrechtskommission arbeitet nicht mehr. Wir haben keine Handhabe, um gegen per Dekret verordnete Angriffe auf das Recht auf freie Meinungsäußerung vorzugehen. Die Medien, die sich dem staatlich verordneten Kurs nicht unterwerfen, verlieren ihre Werbeaufträge.

Wie war es bis jetzt überhaupt möglich, sich diesem Druck zu entziehen und die Bevölkerung mit unverfälschten Informationen zu versorgen?

Nur auf Kosten der eigenen Sicherheit und der Sicherheit der Familien. Dabei ist die Zusammenarbeit mit anderen Medien sehr wichtig, mit den lokalen und vor allem mit internationalen Medien, die sich für die Ereignisse interessieren.

Eine Möglichkeit dazu ist auch das Internet.

Das Internet bietet eine Möglichkeit der unmittelbaren Berichterstattung. Deshalb war es für uns ein wichtiges Mittel, um uns über die Zensur hinwegzusetzen. Trotzdem wird es im Inland immer noch wenig genutzt. Außerdem kann das Internet leicht sabotiert werden. Das mussten wir in den letzten Monaten etliche Male erleben.

Welche Probleme hatte Radio Progreso konkret zu bewältigen?

Drohungen gegen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und gegen unseren Chef. Die illegale Festnahme eines Kollegen, der gerade über einen polizeilichen Übergriff live berichtete. Die Einrichtung von Dateien zur Nachverfolgung unserer Aktivitäten durch die Militärpolizei. Stromausfälle.


Eine ausführlichere Version des Interviews mit Karla Rivas finden Sie auf unserem Partnerportal von Nachrichtenpool Lateinamerika.