Venezuela

Ledezma - Der neue Anti-Chávez

Der Oberbürgermeister von Caracas wird zum neuen Gegenspieler der venezolanischen Präsidenten aufgebaut

Caracas. Der Oberbürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma, arbeitet weiter daran, um sich als der zukünftige Gegenspieler des Präsidenten Hugo Chávez in Szene zu setzen. Am Samstag (28.3.2009) rief er das Militär auf, "sich der Befehlsverweigerung bei illegalen Taten bewusst zu sein." Die Anhänger der Bolivarischen Revolution des Comandante Chávez interpretierten Ledezmas Worte als Aufruf zum Staatsstreich.

Das Stadtoberhaupt machte diese Äußerungen bei einem Treffen von Oppositionsparteien am Wochenende im Bundesstaat Táchira. Bei dieser Gelegenheit schlug Ledezma vor, die seit 1998 heillos zerstrittene Opposition in einer Art "nationaler Front" gegen Chávez zusammenzuführen. Dieses mittelfristige Ziel geht einher mit destabilisierenden Maßnahmen, zu denen auch die Botschaft an die Streitkräfte zählt. In seinem Unterfangen wurde Ledezma vom ebenfalls oppositionellen Gouverneur des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles, unterstützt. Dieser unterstrich: "Nicht wir die Zivilisten unternehmen Staatsstreiche, sondern nur das Militär." An dem Treffen nahmen ebenfalls seine Amtskollegen von Táchira, César Pérez, und Carabobo, Henrique Salas, teil. Hinzu kam der Vorsitzende der Oppositionspartei Un Nuevo Tiempo (UNT), Omar Barboza. Auch er teilt Ledezmas Politik und rief die Venezolaner auf, sich landesweit gegen die Regierung zu stellen. Dazu will die Opposition in Zukunft weitere solcher Treffen im ganzen Land abhalten.

Ledezmas Auftreten fand sofort ein positives Echo in der ausländischen Presse. Spaniens größte politische Tageszeitung El País, die seit 1998/99 einen stramm antichavistischen Kurs fährt, berichtete am Sonntag auf ihrer Internetseite über den Aufruf des Oberbürgermeisters. Bereits im Februar porträtierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Politiker als einen "mutigen Widersacher", der einen "Kampf gegen rote Mühlen" führt. Ob Ledezma es aber schaffen wird, sich als neue Integrationsfigur der rechten Opposition durchzusetzen, ist fraglich. Noch beansprucht diesen Platz der Oberbürgermeister von Maracaibo Manuel Rosales. Gegen ihn laufen aber Ermittlungen wegen Unterschlagung von mehreren Millionen Euro. Die Tat soll er in seiner Amtszeit als Gouverneur von Zuliá begangen haben. Im Hintergrund steht auch noch Chávez' ehemaliger Waffenbruder und Verteidigungsminister Raúl Baduel, der im November 2007 in das Oppositionslager wechselte. Auch gegen ihn laufen Ermittlungen wegen der Veruntreuung von Staatsgeldern.

Der Ruch der Mißwirtschaft haftet auch an Antonio Ledezma. Der 53jährige Rechtsanwalt war Mitglied der sozialdemokratischen Acción Democrática (AD). Jetzt ist er in der Alianza Bravo Pueblo (ABP, Allianz Tapferes Volk) tätig. Von 1995 bis 2000 regierte er bereits einmal den Stadtbezirk Libertador von Caracas. Seine Mitgliedschaft in der korrupten AD ist bei der armen Bevölkerung in Caracas ebenso unvergessen, wie seine Tätigkeit als Gouverneur des Hauptstadtdistrikts Anfang der 90er Jahre. Damals verbot er kurzerhand Demonstrationen gegen die neoliberale Politik des sozialdemokratischen Präsidenten Carlos Andrés Pérez. Diese hatte 1989 zum Sozialaufstand, dem Carracazo, geführt, den Pérez zusammenschießen ließ.

Sein Politikstil verfolgt Ledezma bis heute. Das regierungsnahe Internetportal aporrea.org vergleicht ihn daher nicht nur wegen der äußerlichen Ähnlichkeit mit der Filmfigur des Vampirs "Opa Munster" aus der US-amerikanischen TV-Serie "Munster Family". Aber westeuropäische Staaten setzen große Hoffnungen auf Ledezma als den Anti-Chávez, der in nicht allzu ferner Zukunft, den amtierenden Präsidenten ablösen könnte.