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Nach Hurrikan "Ian": Mehr als 100.000 Gebäude auf Kuba beschädigt

Drei Menschen starben durch einstürzende Gebäude, zwei weitere bei Reparaturarbeiten des Stromnetzes. Provinz Pinar del Río besonders schwer betroffen

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Ein zerstörter Trockenschuppen für Tabak in der Provinz Pinar del Rio
Ein zerstörter Trockenschuppen für Tabak in der Provinz Pinar del Rio

Pinar del Río/Havanna. Eine Woche nach dem Durchzug von Hurrikan "Ian" über Westkuba laufen die Aufräumarbeiten in den betroffenen Provinzen auf Hochtouren. Nach einem landesweiten Stromausfall am vergangenen Dienstag ist die Stromversorgung weitgehend wiederhergestellt. Es handelt sich um den ersten schweren Hurrikan, der Kuba seit "Irma" im Jahr 2017 heimgesucht hat.

Drei Menschen kamen auf der Insel durch einstürzende Gebäude ums Leben, zwei weitere Todesfälle sind in Folge von Reparaturarbeiten des Stromnetzes zu beklagen. Rund 50.000 Anwohner wurden im Vorfeld durch den kubanischen Zivilschutz evakuiert, der von internationalen Organisationen immer wieder für seine Effektivität gelobt wird.

Besonders schwer betroffen ist die westliche Provinz Pinar del Río, wo der Hurrikan der Kategorie 3 von 5 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 218 Stundenkilometern am frühen Dienstagmorgen auf Land traf und eine Spur der Zerstörung hinterließ. Bilder zeigen entwurzelte Bäume, abgedeckte Dächer und überflutete Straßen. In Folge des Starkregens traten Flüsse und Staudämme über die Ufer.

Laut Informationen der Behörden wurden mehr als 100.000 Gebäude beschädigt oder zerstört, was rund 60 Prozent des Immobilienbestands der Provinz entspricht. Mehr als 8.500 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche wurden verwüstet. In der Tabakregion Vueltabajo erlitten 90 Prozent der Trockenschuppen, in denen über 30.000 Tonnen des wichtigen Exportguts lagerten, schwere Schäden. Präsident Miguel Díaz-Canel stattete der Provinz innerhalb der letzten Woche drei Besuche ab, um sich vor Ort über den Fortgang der Aufräumarbeiten zu informieren.

Neben Pinar del Río waren auch die Nachbarprovinzen Artemisa sowie die Insel der Jugend stark betroffen. In Havanna verursachten Ausläufer Überschwemmungen und kleinere Schäden.

In Folge mehrere beschädigter Hauptleitungen ereignete sich ein mehrtägiger landesweiter Stromausfall. Über die Inbetriebnahme dezentraler Dieselgeneratoren wurde das kollabierte Stromnetz im Verlauf der letzten Woche schrittweise aufgebaut und die vorsorglich abgeschalteten Großkraftwerke wieder hochgefahren, am Donnerstagabend gelang schließlich die Zusammenführung sämtlicher Kreisläufe in das Gesamtnetz. In Pinar del Río und Artemisa sind aufgrund lokaler Schäden jedoch noch immer viele Haushalte ohne Strom. Elektrikerbrigaden sind bereits am Dienstag aus dem Osten des Landes aufgebrochen, um die westlichen Provinzen zu unterstützen.

In Havanna und anderen Orten entlud sich der Unmut in Folge des tagelangen Stromausfalls vergangene Woche in mehreren Protesten, wobei einzelne Straßenzüge blockiert und dabei auch Reparaturmannschaften des Stromversorgers behindert wurden. Laut Berichten von Oppositionsmedien ließ die Polizei die Protestierenden gewähren. Havannas erster Parteisekretär Luis Antonio Torres Iribar bezeichnete die Proteste als legitim, allerdings könne das Blockieren von Straßen und Vandalismus nicht akzeptiert werden, berichtet die Lokalzeitung "Tribuna".

Befreundete Länder entsandten Hilfslieferungen nach Kuba. Mexiko schickte 72.000 Meter Stromkabel und 7.000 Isolatoren für die Wiederherstellung der Stromversorgung, Venezuela lieferte 300.000 Lebensmittelpakete, Transformatoren sowie 22.500 Quadratmeter an Dachbedeckungen. Aus Argentinien kamen mehrere Container mit Wasserreinigungstabletten. Die Weltgesundheitsorganisation ließ Havanna Medizinkits und chirurgisches Material zukommen.

Wie Kubas Finanzministerium angekündigt hat, werden Baumaterialien, Wassertanks und Matratzen für Sturmgeschädigte zur Hälfte vom Staatshaushalt finanziert werden. Am Montag hat der Schulbetrieb außer in Pinar del Río in allen Provinzen wieder begonnen.

Das Wallstreet Journal berichtete am Samstag, dass Kuba die Vereinigten Staaten in Folge des Sturms ebenfalls um Katastrophenhilfe bat, eine offizielle Antwort Washingtons steht noch aus. Laut einer kurzen Note des kubanischen Außenministeriums vom Montag haben Gespräche mit den USA über die Schäden in beiden Ländern stattgefunden.