Kolumbien / Soziales

Landesweite Proteste in Kolumbien

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Studierende und Indigene in Cali
Studierende und Indigene in Cali

Bogotá. Am 28. November ist in Kolumbien zu einem landesweiten Generalstreik und zu Demonstrationen aufgerufen worden. Die öffentlichen Universitäten und viele Schulen befinden sich bereits zwei Monate ununterbrochen im Streik und sind zum Teil von den Studierenden besetzt. Die Demonstrationen richten sich gegen die Kürzungen des Bildungshaushalts und gegen die von Präsident Iván Duque vorgeschlagene Steuerreform.

In 32 Städten des Landes wurden unter dem Motto "Die Städte erobern" Proteste organisiert. Diese richten sich vor allem gegen die Streichungen im Bildungbereich. Andere Bereiche der Gesellschaft hatten sich allerdings schon seit Wochen angeschlossen und ihre eigenen Forderungen mit eingebracht. Darunter vor allem die Gewerkschaften der Lehrer Fecode und Adida sowie die landesweiten Arbeiterverbände CGT und CUT, die  Organisationen der Busfahrer und Arbeiter des öffentlichen Dienstes und andere. Über 5.000 Richter legten zudem ihre Arbeit nieder.

In Bogotá waren bis zu 10.000 Personen auf den Straßen. Sie liefen am Morgen von den unterschiedlichen Universitäten los und trafen sich unterwegs. Auch im Süden der Stadt gab es einzelne Demonstrationen mit jeweils mehreren tausend Teilnehmern. Einige Busstationen waren während des Tages gesperrt.

In Cali unterstützten rund 5.000 Indigene aus dem Department Cauca die Demonstration. Sie fordern neben einer Erhöhung der Staatsausgaben für Soziales auch die Umsetzung des Friedenskommens mit der ehemaligen Farc-Guerilla und eine Weiterführung der Verhandlung mit der Nationalen Befreiungsarmee ELN. Am selben Tag gab es in Corinto, nur eine Stunde Autofahrt von Cali entfernt, ein grausames Massaker an Indigenen, bei dem mindestens acht Menschen auf offener Straße ermordet wurden.

Im Department Santander streikten die Lehrer 24 Stunden und schlossen sich dann den Umzügen an, die nun in eine permanente Kundgebung gemündet sind. Am Nachmittag ging die Polizei hier mit großer Härte gegen die Demonstranten vor, setzte Tränengas ein und und schlug mit Stöcken auf Teilnehmer ein. Mindestens 20 Festnahmen verzeichnete das Juristenteam Equipo Juridico Pueblos und wies darauf hin, dass bereits viele Studierende festgenommen worden sind.

In den vergangenen Wochen waren in Bogotá drei Studenten der Nationaluniversität nach Auseinandersetzungen mit der Polizei verschwunden. In Popayan ereigneten sich ebenfalls schwere Auseinandersetzungen. Der Journalist Luis Fernando Castillo Narváez von Colombia Informa wurde bei seiner Arbeit durch die Polizei nicht nur behindert, sondern in einem Lager der Studierenden, das diese auf einem öffentlichen Platz in Popayan errichtet hatten, tätlich angegriffen. In Bucaramanga schüchterte die Armee die Protestierenden ein, indem Soldaten mit ihren Gewehren in die Luft feuerten.

Die von Duque vorgeschlagene Steuerreform soll das Haushaltsdefizit von etwa 14 Milliarden Pesos ausgleichen und Großunternehmen steuerlich entlasten. Wirtschaftsanalysten, Gewerkschafter und Abgeordnete unterschiedlicher Parteien sind sich jedoch einig, dass die geplante Reform die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen weiter belasten und ökonomische und soziale Ungleichheiten verschärfen wird.