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Annäherung zwischen EU und Kuba trotz US-Blockade

EU-Diplomat sieht Chance für "ernsthafte und reife Beziehung" zwischen Kuba und EU durch Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit

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Die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, und Kubas Außenminister Bruno Rodríguez sollen künftige Ratstreffen leiten
Die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, und Kubas Außenminister Bruno Rodríguez sollen künftige Ratstreffen leiten

Havanna/Brüssel. Mit dem Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit (PDCA) zwischen der EU und Kuba ist nach Auffassung des EU-Delegationsleiters in dem sozialistischen Karibikstaat, Alberto Navarro, ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen aufgeschlagen worden. In einem Interview mit der kubanischen Tageszeitung Granma sprach er über die ersten Schritte der Umsetzung des Abkommens zwischen dem sozialistischen Inselstaat und der EU. Das PDCA ist am 1. November in Kraft getreten, muss jedoch von den Parlamenten der 28 Mitgliedsstaaten genehmigt werden. Bislang wurde das Dokument von Deutschland, Bulgarien, Estland, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik ratifiziert.

In einer Pressemitteilung merkte das kubanische Außenministerium seinerseits an, dass "die Beziehungen zwischen Brüssel und Havanna ein Niveau erreicht haben, das an denen zwischen Kuba und den einzelnen Mitgliedstaaten der EU anknüpft, die in den vergangenen Jahren bedeutende Fortschritte erzielt haben". Damit wird auf den Umstand Bezug genommen, dass aufgrund des "gemeinsamen Standpunkts" der EU für den Zeitraum von 1996-2016 die Beziehungen sehr eingeschränkt waren, dass aber im Laufe der Zeit ein Großteil der Mitgliedstaaten trotzdem bilaterale Verträge mit Kuba geschlossen und die Beziehungen verbessert hatte. Der Chef der politischen Redaktion der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina, Nestor Marin, bemerkte in einem Interview, am wichtigsten sei, dass "dem sogenannten Gemeinsamen Standpunkt, der 1996 von der EU beschlossen und von Havanna von Anfang an als einseitig, interventionistisch, selektiv und diskriminierend abgelehnt wurde, ein Ende gesetzt worden ist".

Der EU-Beamte Navarro äußerte die Einschätzung, dass "die Vereinbarung den Beginn eines neuen und nützlichen Kapitels für Kubaner und Europäer darstellt, da sie es uns ermöglichen wird, eine ernsthafte und reife Beziehung aufzubauen." Im weiteren Verlauf wird im Rahmen der Initiativen für den politischen Dialog mindestens alle zwei Jahre ein Ratstreffen stattfinden, dem Kubas Außenminister Bruno Rodríguez und die EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, vorstehen werden. Die EU ist bereits einer der wichtigsten Handelspartner Kubas und obwohl PDCA keinen freien Handel etabliert, weist es eine wichtige kommerzielle Komponente auf, betonte Navarro. Aktuelle Projekte sind zum Beispiel eine Initiative für erneuerbare Energien und eine andere für nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherheit. Darüber hinaus werde in Kürze das Begegnungszentrum für Jugendliche in Alt-Havanna eingeweiht, ein Kooperationsprojekt zwischen Kuba, der EU, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen und dem Büro des Stadthistorikers von Havanna. Auch stehe die Eröffnung des Zentrums für die Interpretation kultureller Beziehungen zwischen Kuba und Europa, ebenfalls in der Hauptstadt in Havanna bevor.

Der Leiter der EU-Delegation auf der Insel hob in dem Interview auch die Errungenschaften Kubas in Bereichen wie Gesundheit und Bildung hervor und betonte, wie wichtig es sei, diese durch Einbeziehung neuer Technologien aufrechtzuerhalten. Er wies zudem auf die wachsende Präsenz der Insel auf internationaler Ebene hin, die trotz ihrer geringen Größe immer mehr Anerkennung finde. Er erwähnte in dem Zusammenhang auch die jährliche Abstimmung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegen die wirtschaftliche, kommerzielle und finanzielle Blockade der USA gegen Kuba. Die 28 Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft hätten diese Politik wiederholt als Verletzung der Menschenrechte des kubanischen Volkes und des Völkerrechts verurteilt. "Durch Dialog kann mehr erreicht werden als durch Isolation. Die Europäische Union glaubt an den Bau von Brücken und nicht an die Errichtung von Mauern", so Navarro.

Der EU-Beamte vermied es gleichwohl zu erläutern, weshalb die EU-Staaten in der UNO zwar gegen die US-Blockade votieren, in der politischen Alltagspraxis aber bislang keine spürbaren Maßnahmen umgesetzt haben, die Schädigungen durch die Blockade auch in ihren eigenen Ländern zu verhindern. Dies wird inzwischen von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen in der EU gefordert und wird auch Thema bei den internationalen Aktionstagen gegen die US-Blockade Ende des Monats in Brüssel sein.