Bolivien / Politik

Regierung in Bolivien begeht elfjähriges Amtsjubiläum

Präsident Morales betont "nie dagewesene soziale und politische Stabilität" im Land. Stetiges Wirtschaftswachstum habe Reduzierung der Armut ermöglicht

evo_morales_bolivien_elf_jahre_mas.jpg

Boliviens Präsident Evo Morales mit Vertretern sozialer Bewegungen nach seinem Rechenschaftsbericht
Boliviens Präsident Evo Morales mit Vertretern sozialer Bewegungen nach seinem Rechenschaftsbericht

La Paz. In einer über vierstündigen Rede vor dem bolivianischen Parlament hat Präsident Evo Morales zum elfjährigen Jubiläum seiner Regierung die Errungenschaften seiner Amtszeit verteidigt, aber auch Schwachpunkte eingestanden. Großteile der oppositionellen Parteien verweigerten die Teilnahme an dem feierlichen Akt zum Tag des Plurinationalen Staates, sie warfen Morales Realitätsferne vor.

Der Präsident hob in seiner Rede hervor, dass unter seiner Regierung Bolivien eine nie dagewesene Stabilität erreicht habe, die für die kontinuierliche Planung und Entwicklung des Landes wichtig sei. Im Vergleich mit den letzten 180 Jahren seit der Gründung der Republik hätten die Wachstumsquoten der Wirtschaft während seiner Regierungszeit im Durchschnitt um das Doppelte zugelegt und zeige sich im Vergleich zu den Nachbarländern stabil. Das Pro-Kopf Einkommen habe sich von 1.000 US-Dollar im Jahr 2005 auf 3.300 US-Dollar im Jahr 2016 mehr als verdreifacht. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2006 habe sich zudem die Zahl der Privatunternehmen mehr als vervierfacht. "Durch unsere Aktionen ist die nationale Wirtschaft gut geschützt", versicherte er.

Die positiven Folgen der gestiegenen Wirtschaftsleistung seien die Reduktion der extremen Armut um die Hälfte und der Armut um ein Fünftel. Die Reichtumsverteilung im Land habe sich zugunsten der unteren Schichten verändert. Auch die Arbeitslosigkeit bewege sich auf niedrigem Niveau. Positiv anzumerken sei darüber hinaus, dass sich die chronische Unterernährung von 32 Prozent auf 18 Prozent verringert habe.

Seine Volksnähe bekundete er durch seine intensive Reisetätigkeit. In seiner Amtszeit habe er lediglich einen Verwaltungsbezirk der insgesamt 339 im Land noch nicht besucht. In den 20 Jahren der neoliberalen Ära hätten nicht mehr als 59 öffentliche Anhörungen von sozialen Sektoren stattgefunden, im Gegensatz zu fast 6.000 während seiner elf Regierungsjahre. "Elf Jahre lang habe ich euch dazu aufgefordert, gemeinsam für unser geliebtes Bolivien zu arbeiten. Dank dem Volk, den sozialen Bewegungen wurden die soziale und politische Stabilität und wirtschaftliches Wachstum gesichert. (…) Die Ergebnisse überraschen uns. Die Protestforderungen wurden zu wichtigen Vorschlägen, die ein neues Bolivien erschaffen haben", hob Morales die positive Rolle der sozialen Bewegungen im Prozess des Wandels hervor.

Kritisch äußerte er sich zu Korruption in seiner Regierung. "Dieser Kleinstkorruption müssen wir ein Ende bereiten", gab er sich entschlossen. Ebenso gestand er ein, dass die Einnahmen aus Erdgas und Erdöl in den letzten drei Jahren stark zurückgegangen seien. Grund dafür sei der gefallene Rohölpreis auf dem Weltmarkt, der von einigen Staaten bewusst niedrig gehalten werde, um anderen zu schaden.

Oppositionsführer Samuel Doria Medina interpretierte die Rede von Morales als Ausdruck seiner "Machtbesessenheit", er sei "zu allem bereit, um sich an die Macht zu klammern." Laut dem oppositionellen Senator Oscar Ortiz schwelge Morales in der Vergangenheit, anstatt sich über die Zukunft seiner anstehenden Regierungsjahre Gedanken zu machen. "Der Präsident scheint realitätsfremd zu sein. Er redet nicht über die wirklichen Probleme der Bevölkerung wie Wirtschaft, Arbeitslosigkeit oder die schwerwiegenden Missstände im Gesundheits- und Bildungsbereich", kritisierte er.

Im Zuge des Jubiläums stellte Evo Morales am 23. Januar sein neues Ministerkabinett vor. Die Hälfte der 20 Ämter wurden neu besetzt, wobei lediglich vier Frauen im Kabinett vertreten sind. Zu den wichtigsten Personalveränderungen zählt der Abtritt des Außenministers David Choquehuanca, der Morales seit 2006 in der Regierung begleitet hat. An seine Stelle tritt Fernando Huanacuni, ebenfalls aus dem Außenministerium. Choquehuanca wolle nach eigenen Aussagen zur Basis zurückkehren, um "die Einheit unserer großen Familie zu stärken". Ersetzt wurde ebenfalls der Präsidentschaftsminister Juan Ramón Quintana, der zuvor sowohl aus den eigenen Reihen als auch von der Opposition stark kritisiert wurde. Neu geschaffen wurde das Energieministerium, um Bolivien zum zentralen Energieproduzenten Südamerikas zu machen. Das Amt des Transparenzministers wird ins Justizministerium eingegliedert und das Autonomieministerium geht fortan im Präsidentschaftsministerium auf. Zu den wichtigsten Aufgaben des neuen Regierungskabinetts zählen laut Morales der Kampf gegen Korruption und Bürokratie.

Nachdem sich Morales und sein Vizepräsident, Álvaro Garcia Linera, bei den Wahlen im Dezember 2005 mit 53,7 Prozent der Stimmen durchgesetzt hatten, traten sie am 22. Januar 2006 ihr Amt an. Nach Inkrafttreten der neuen Verfassung im Jahr 2009 wurden sie erneut mehrheitlich in der ersten Wahlrunde bestätigt, ebenso wie im Jahr 2014. Sie können somit bis Januar 2020 regieren, so dass Morales schon jetzt der am längsten regierende Präsident seit Ende der Militärdiktatur 1982 ist. Aktuellen Umfragen zufolge befürworten 58 Prozent der bolivianischen Bevölkerung seine Regierung, aber 63 Prozent sprechen sich gegen eine eventuelle Verlängerung seiner Kandidatur um weitere fünf Jahre ab 2020 aus.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link