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Weiter Differenzen über Meereszugang für Bolivien

Chile verweigert Dialog parallel zum Prozess in Den Haag. Boliviens Opposition fordert schärfere Maßnahmen

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Boliviens Präsident Evo Morales bei einer Pressekonferenz in Santiago de Chile am 11. März
Boliviens Präsident Evo Morales bei einer Pressekonferenz in Santiago de Chile am 11. März

Santiago de Chile/ La Paz. Der angestrebte Zugang Boliviens zum Pazifik sorgt weiter für Diskussionsstoff. Zum einen herrschen Differenzen zwischen der chilenischen und der

bolivianischen Regierung über das weitere Vorgehen in Bezug auf bilaterale Gespräche. Zum anderen gibt es in Bolivien selbst unterschiedliche politische Positionen zu der Frage, wie man sich gegenüber Chile verhalten soll.

Im Zuge des Amtsantritts der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet war Boliviens Präsident Evo Morales vergangene Woche nach Chile gereist und hatte dort für die Wiederaufnahme eines ergebnisorientierten Dialogs geworben. Dabei machte er das Thema des Meereszugangs zur Bedingung für Gespräche und eine bilateral Agenda: "Wir sind hier, um den Dialog zu beginnen, aber nur auf der Grundlage konkreter Vorschläge", so Morales. Bachelet hatte jedoch bereits zuvor verlauten lassen, dass man mit Bolivien über alles reden werde, außer über den Meereszugang, da dieser inzwischen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag verhandelt werde.

Während ihrer ersten Amtszeit von 2006 bis 2010 hatte Bachelet eine 13-Punkte Agenda mit Morales vereinbart, in der auch Verhandlungen über den Zugang Boliviens zum Pazifik enthalten waren. Während der Präsidentschaft ihres Nachfolgers, Sebastián Piñera, lag diese Agenda auf Eis. Bolivien hatte sich daher im vergangenen Jahr entschlossen, Klage in Den Haag einzureichen, um Chile zu Verhandlungen über einen souveränen Meereszugang zu zwingen. Im nächsten Schritt muss Bolivien nun bis zum 17. April seine Sicht auf die historischen Gegebenheiten darlegen.

In Bolivien herrscht über Parteigrenzen hinweg in Bezug auf die Ansprüche auf einen Pazifikzugang ungewohnte Einigkeit. Allerdings bezeichnete die Opposition Morales als "naiv", wenn er weiterhin glaube, dass sich mit einer neuen chilenischen Regierung der Diskurs dort ändern würde. Man müsse zwar weiterhin den Dialog suchen, allerdings auch Maßnahmen ergreifen, die Druck auf Chile ausüben könnten, so Tomás Monasterio, Abgeordneter der Partei Plan Progreso para Bolivia-Convergencia Nacional (PPB-CN). Denkbar sei unter anderem die Unterbrechung des Flusses der Silala-Quellen, die sich im bolivianischen Anden-Hochland befinden, deren Wasser aber vor allem Chile versorgt.

Währenddessen traf sich der chilenische Außenminister Heraldo Muñoz in Santiago mit dem Team, das Chile in Den Haag vertreten soll. Bis Anfang 2015 hat das Land Zeit, eine Antwort auf die bolivianischen Forderungen zu erstellen. Muñoz erklärte im Anschluss, Chiles Regierung sei gegenüber der Regierung von Evo Morales sehr positiv eingestellt und wolle wieder mehr Zusammenarbeit zwischen den Nationen erreichen, allerdings stehe das Thema Meereszugang abseits des Prozesses momentan nicht zur Debatte. "Bolivien meint, dass dieses Thema in Den Haag verhandelt werden muss, also verhandeln wir es vor Gericht", so Muñoz. Man behalte sich außerdem vor, die Kompetenz des IGH anzuzweifeln, wolle aber zunächst die Stellungnahme Boliviens abwarten.

Bolivien verlor im Salpeterkrieg 1879 einen 400 Kilometer langen Küstenstreifen und weitere 120.000 Quadratkilometer seines Territoriums. Seitdem fordert es einen freien und souveränen Zugang zum Meer. Die chilenische Regierung beharrt jedoch auf dem Friedensabkommen von 1904, welches die Souveränität Chiles über die gewonnenen Gebiete festschreibt. Dieses Abkommen wird von bolivianischer Seite jedoch als kolonialistisch und ungerecht bezeichnet.