Argentinien / Politik / Medien

Teilerfolg für Clarín-Konzern im Medienstreit

Argentinisches Gericht beurteilt strittigen Paragrafen als verfassungswidrig. Regierung kündigt Berufung vor Oberstem Gerichtshof an

mapa_medios3_0.jpg

Clarin S. A.
Medien-Verflechtung in Argentinien

Buenos Aires. Die argentinische Zivil- und Handelskammer hat Anfang dieser Woche den Paragrafen 45 des Mediengesetzes für verfassungswidrig erklärt

und damit dem Medienkonzern Clarín Recht gegeben. Die strittige Klausel reguliert die zulässigen Marktanteile pro Medium. Das Urteil folgte auf eine durch den Konzern am vergangenen 7. Dezember erwirkte Verfügung. Dabei hatte Clarín im letzten Moment die Vorlegung eines Abgabe-Plans abwenden können. Das Gericht hatte dem Konzern bis zum aktuellen Beschluss Aufschub gewährt, um erst die Verfassungsmäßigkeit der Paragrafen 45 und 161 zu prüfen. Letzterer räumt eine einjährige Frist zur Abgabe der Nutzungsrechte ein und wurde nun in zweiter Instanz als verfassungskonform deklariert.

Aus Regierungskreisen hieß es seitens der Kontrollkommission audiovisueller Kommunikationsmedien (AFSCA), das Urteil sei zu erwarten gewesen. Sobald die Urteilsbegründung vorliege, werde die Regierung in Berufung gehen. Im nächsten Schritt wird das Verfahren dann vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt.

Seit dem Erlass im Oktober 2009 konnte das Gesetz zur Entflechtung des Medienmarktes wegen eines komplizierten Verwaltungsrechtsstreits nicht vollständig umgesetzt werden. Um das Verfahren zu beschleunigen, hatte die argentinische Regierung zuletzt ebenfalls im Dezember 2012 erfolglos versucht, die Abgabe der Lizenzen zu erreichen und die einstweilige Verfügung rückgängig zu machen. In der vergangenen Woche wurden von der Regierung nun Reformentwürfe zur "Demokratisierung der Justiz" vorgetragen. Eine von sechs Reformen soll den Einsatz von einstweiligen Verfügungen einschränken. Laut dem Papier wären sie nur noch bei einer Bedrohung von "Leben, Gesundheit und dem Recht auf Nahrung" zulässig. Zudem dürften sie das zugrundeliegende Verfahren nicht länger als sechs Monate aussetzen. Einige Kommentatoren sehen in diesem Vorstoß einen direkten Bezug zum Konflikt mit der Clarín-Gruppe.

Bereits kurz nach Bekanntwerden gab es Kritik von der Opposition und der Nichtregierungsorganisation CELS (Centro de Estudios Legales y Sociales) zu den Justizreformen. Schwerpunkte der Arbeit von CELS sind die Menschenrechte und die Wahrung der Demokratie in Argentinien. Die unabhängige Organisation, unter dem Vorsitz des Investigativjournalisten Horacio Verbitsky, berät die Regierung zu bestimmten Fragen und veröffentlichte jetzt eine Stellungnahme zu den Reformprojekten auf Facebook. Darin kritisiert CELS die Beschränkung der Zulassung von einstweiligen Verfügungen und gibt deren Bedeutung für den Rechtsschutz bestimmter Personengruppen zu bedenken. "Definitiv brauchen diese Reformen eine genaue Revision und eine größtmögliche Debatte, sei es aus Gründen des Verfassungsschutzes oder der Komplexität und des Ausmaßes der Auswirkungen auf das nationale Rechtssystem", heißt es in der Erklärung weiter. Verbitsky wiederholte in der Diskussion, die in diesen Tagen im Kongress stattfindet, er sehe die Notwendigkeit der Reform, um den Missbrauch einstweiliger Verfügungen zu vermögensrechtlichen Zwecken einzuschränken, jedoch sei der Entwurf zu ungenau und gebe Raum für verfassungsrechtliche Einwände.

Fraglich ist nun, ob sich der seit mehr als drei Jahren andauernde Rechtsstreit um das Mediengesetz angesichts der Parlamentswahlen im Oktober, mit Vorwahlen im August und der Diskussion um die Justizreformen, durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs noch vor Ende des Jahres klären lässt.