Argentinien: Regierung Milei will Entschädigungszahlungen an Diktaturopfer einstellen

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Laut Vizepräsidentin Victoria Villarruel sei die Geschichte Argentiniens von "Terroristen" umgeschrieben worden.
Laut Vizepräsidentin Victoria Villarruel sei die Geschichte Argentiniens von "Terroristen" umgeschrieben worden.

Buenos Aires. Das Justizministerium hat eine "umfassende Überprüfung" der Entschädigungszahlungen an Opfer von Menschenrechtsverletzungen während der argentinischen Diktatur (1976-1983) angekündigt. Das Ministerium werde "die Zahlungen einstellen", heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Grund seien Betrugsfälle, bei denen sich Personen fälschlicherweise als Opfer ausgegeben hätten, so Justizminister Mariano Cúneo Libarona.

In der Mitteilung heißt es, dass die Behörde "Maßnahmen ergreifen wird, um zu verhindern, dass die wirtschaftlichen Beträge der Leistungen an diejenigen ausgezahlt werden, die nicht der Regel entsprechen", und dass es "die Rückerstattung der für den Betrug gezahlten und zu Unrecht erhaltenen Beträge verfolgen wird, damit sie in die Staatskasse zurückfließen".

In Argentinien wurde in den Neunziger und Nuller Jahren eine Reihe von sogenannten "Wiedergutmachungsgesetzen" verabschiedet, die eine Entschädigung der "Opfer des Staatsterrorismus" vorsehen. Dabei handelt es sich unter anderem um Opfer von Inhaftierung, Exil oder Verschwindenlassen von Familienangehörigen sowie weiteren Verbrechen.

Der ehemalige Sekretär für Menschenrechte (2019-2023), Horacio Pietragalla, wies darauf hin, dass der Betrugsfall, den das aktuelle Justizministerium zum Anlass für seine Maßnahme macht, bereits von seiner Behörde unter der vorherigen Regierung angeprangert worden war.

Für Pietragalla ist die Entscheidung der Regierung von Javier Milei "eine Strategie, um keine Antworten auf die laufenden Anträge zu geben, die Verpflichtungen des Staates hinauszuzögern, die Opfer des Staatsterrorismus nicht anzuerkennen und unsere Regierungsarbeit mit einem Mantel des Misstrauens zu bedecken".

Vizepräsidentin Victoria Villaruel begrüßte die Entscheidung des Justizministeriums. Sie erinnerte daran, dass sie bereits während des Wahlkampfes eine Überprüfung der "millionenschweren Entschädigungen" angeregt habe, "die im Namen der Menschenrechte gewährt wurden". Es sei notwendig, "den Betrug der Menschenrechte zu überprüfen, der den politischen Zielen einer Fraktion dient, die das Land und seine Institutionen immer bekämpft hat".

Villarruel ist bekannt dafür, die Verbrechen der Diktatur zu leugnen und die Täter zu verherrlichen. Sie bestreitet, dass es 30.000 Opfer des Verschwindenlassens gab, wie Menschenrechtsorganisationen belegen.

Die Geschichte Argentiniens sei von "Terroristen" umgeschrieben worden, die in den Siebzigerjahren Anschläge verübt und dann die Macht übernommen hätten, was ihnen Straffreiheit garantiert habe, sagte die 53-jährige Politikerin in der Vergangenheit.

Ende März, am Gedenktag für die Opfer der Diktatur, 48 Jahre nach dem letzten Militärputsch, griff Villarruel die Präsidentin der Vereinigung der Großmütter der Plaza de Mayo, Estela de Carlott, an. "Respektieren Sie das argentinische Volk, das auch zu Ihnen Nein gesagt hat", postete sie auf der Online-Plattform X in Anspielung auf den Wahlsieg Mileis.