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Wirtschaftsreformen: Kuba zählt heute rund 11.000 kleine und mittlere Unternehmen

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Zahlreiche KMU sind auch bei internationalen Messen vertreten, wie hier bei der Exposur in Cienfuegos
Zahlreiche KMU sind auch bei internationalen Messen vertreten, wie hier bei der Exposur in Cienfuegos

Havanna. Trotz der Energie- und Versorgungskrise wächst der im September 2021 eingeführte Sektor der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Kuba weiter.

Die Lieferung von 90.000 Tonnen Rohöl durch Russland Ende März hat die Lage etwas entspannt und die Stromversorgung stabilisiert. Premierminister Manuel Marrero gab jedoch zu bedenken, dass die Mengen weiterhin nicht ausreichen, um "die gesamte Wirtschaft hochzufahren". Einsparmaßnahmen wie die Stilllegung von energieintensiven Betrieben werden die kubanische Ökonomie auf absehbare Zeit weiter hemmen. Hinzu kommen die US-Sanktionen und ein Tourismussektor, der sich langsam wieder aus dem Tief der Pandemie heraus kämpft.

Dennoch reißt auch unter dem neuen Wirtschaftsminister Joaquín Alonso Vázquez die Genehmigungswelle für die "mipymes" (micro, pequeñas y medianas empresas, KMU) nicht ab. Am 3. April gab das Wirtschafts- und Planungsministerium grünes Licht für die Gründung von 131 neuen Betrieben, davon 123 im Privatsektor. Am 10. April bestätigte das Ministerium weitere 62 KMU, womit die Gesamtzahl jetzt bei 11.056 liegt.

Seit Mai 2023 ist die Zahl der KMU um 42 Prozent gewachsen. Damals wurden noch 7.714 KMU gezählt, bis Dezember waren es 9.747.

Der größte Teil der neuen Betriebe ist in den Bereichen Gastronomie, Baugewerbe sowie bei den Transport- und Reparaturdienstleistungen angesiedelt. Einige werden sich der Herstellung von Lebensmitteln und Konserven widmen. Zu den staatlichen KMU gehören unter anderem eine Außenhandelsfirma sowie zwei Landwirtschaftsbetriebe, die Schweinezucht und Süßwasseraquakultur betreiben.

Mit dem Anwachsen der KMU verändert sich das Straßenbild auf Kuba. Leerstehende Lagerhäuser und stillgelegte Anlagen werden an den Privatsektor verpachtet, neue Geschäfte entstehen. Kleinere Staatsunternehmen sollen von der größeren Eigenständigkeit profitieren. So ist das Angebot der staatlichen Gaststätten nach der Umwandlung in die neue Rechtsform zumeist deutlich besser geworden. Die Preise sind allerdings für große Teile der Bevölkerung unerschwinglich.

Das Straßenbild wandelt sich zusätzlich dadurch, dass seit 2022 die Möglichkeit des Imports von Fahrzeugen aus den USA durch Privatbetriebe besteht. Dies ist eine der wenigen Ausnahmen der US-Wirtschaftssaktionen. 2023 wurden laut dem U.S.-Cuba Trade and Economic Council Fahrzeuge, darunter auch Nutzfahrzeuge wie LKW, im Wert zehn Millionen US-Dollar eingeführt. Allein diesen Februar lagen die Einfuhren bei knapp fünf Millionen US-Dollar.

Trotz der Unterstützung durch das Ministerium steht der Privatsektor von mehreren Seiten unter Beschuss. Reformgegner sehen in den KMU eine Restauration des Kapitalismus und machen sie für die hohe Inflation mitverantwortlich. Teile der Exilgemeinde und republikanische US-Kongressabgeordnete greifen die Betriebe wegen ihrer angeblichen Verbindungen zur kubanischen Regierung an und werben dafür, auch für den Privatsektor keinerlei Ausnahmen bei den Sanktionen zu machen beziehungsweise die bestehenden Ausnahmen zurückzunehmen.