Kolumbien

Verdacht: Uribes Bruder Chef von Paramilitärs

Santiago Uribe Vélez soll in Kolumbien rechtsgerichtete Milizen geleitet haben. Polizei-Major sagt aus

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Verdacht: Uribes Bruder Chef von Paramilitärs
Santiago Uribe (ganz rechts im Bild) mit Paramilitärs 1985

Bogotá. Ein kolumbianischer Polizei-Major außer Dienst hat unlängst in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires erklärt, dass der Bruder des scheidenden kolumbianischen Präsidenten in den 1990er Jahren eine paramilitärische Struktur im Bundesstaat Antioquia geleitet hat. Major Juan Carlos Meneses hätte Santiago Uribe Vélez selber mehrere Male getroffen und seine paramilitärische Gruppe unterstützt. Die Bande wurde später unter dem Namen "Die zwölf Apostel" bekannt.

Meneses erklärte weiterhin, dass auch der noch amtierende Präsident und ehemalige Senator Álvaro Uribe der Gruppe beistand. So habe er geholfen, den Gerichtsprozess gegen sämtliche Mitglieder und Kollaborateure einzustellen: "Santiago sagte zu uns: Macht euch keinen Kopf, mein Bruder und ich haben schon mit den Richtigen gesprochen, damit der Prozess im Sande verläuft", zitiert der Exmajor den Bruder des Staatschefs. All das enthüllte Meneses vor einer Kommission von Juristen und Menschenrechtsverteidigern in Argentinien, bei der auch der Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel anwesend war.

Obwohl das Treffen im April stattgefunden hat, ist die Information erst letzte Woche publik geworden. Als Grund nennt die argentinische Tageszeitung Página 12 die Sicherheit des exilierten Majors. Meneses sei einer der wenigen Unterstützer und Mitwisser der Gruppe "Die zwölf Apostel", der noch am Leben ist.

Auch früher sind Santiago und Álvaro Uribe Vélez wegen paramilitärischer Aktivitäten schwer belastet worden. 2008 erklärte der verhaftete Paramilitär Francisco Villalba der Generalstaatsanwaltschaft und dem Repräsentantenhaus, dass beide Brüder in das Massaker von El Aro Antioquia verwickelt wären. Dort folterten, ermordeten und zerstückelten 1997 die Selbstverteidigungsgruppen von Córdoba und Urabá (ACCU) 17 Einwohner. Bei dem Angriff zündeten sie 42 zudem Häuser an, stahlen 1200 Rinder und vertrieben die gesamte Bevölkerung aus dem Ort, so die journalistische Forschungsgruppe Verdad Abierta. Laut Villalbas Aussage trafen sich die Brüder Uribe, der Paramilitär-Chef Mancuso, Militäroffiziere und er selbst, um die Operation zu planen. Deren eigentliches Ziel lautete, einige Entführte der Guerilla zu befreien. Drei Monate nach dem öffentlichen Geständnis wurde Villalba umgebracht.

Im Jahr 2007 hatte der Oppositionssenator Gustavo Petro schon auf ungeklärte Verknüpfungen der Uribe-Brüder mit den Paramilitärs hingewiesen: Die Hazienda La Carolina in Antioquia, die ihnen gehörte, hätte in den 1990er Jahren als paramilitärischer Stützpunkt gedient. Dies bezeugten mehrere Aussagen bei der Untersuchung der Staatsanwaltschaft gegen "Die zwölf Apostel", wie Petro im Kongress darlegte. Noch andere Verwandte Uribes haben sich als Mitglieder von paramilitärischen Strukturen entpuppt. Zum Beispiel mussten drei Cousins aufgrund ihrer Teilnahme an der Gruppe "Los Erres" einjährige Haftstrafen verbüßen.

Die Staatsanwaltschaft vernahm Santiago Uribe 1997 und 1999 wegen des Vorwurfs paramilitärischer Aktivitäten, aber urteilte das zweite Mal mit einer Untersagungsverfügung zugunsten Uribes. Der Fall wurde dann ungelöst ins Archiv verbannt. Ob er anhand von Meneses Enthüllungen wieder aufgenommen wird, bleibt offen. Der Generalstaatsanwalt sagte der kolumbianischen Wochenzeitung Semana, dass eine Wiedereröffnung der Untersuchung nur möglich wäre, wenn Meneses persönlich in Kolumbien aussagt.


Bildquelle: prensarural