Honduras

Honduras: Mehr Gewalt, weniger Demokratie

Menschenrechtsaktivistin Bertha Oliva warnt vor weiterer Zuspitzung der Lage in dem mittelamerikanischen Land

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Honduras: Mehr Gewalt, weniger Demokratie
Bertha Oliva vor den Portraits von Opfern politischer Morde nach dem Putsch

Tegucigalpa. Nach dem Machtwechsel in Honduras warnen honduranische Menschenrechtsorganisationen vor einer weiteren Zuspitzung der staatlichen Gewalt. Das erklärte gegenüber amerika21.de die Menschenrechtsaktivistin und Koordinatorin der Organisation COFADEH, Bertha Oliva. "Die Strukturen, von denen der Staatsstreich am 28. Juni vergangenen Jahres organisiert, finanziert und unterstützt wurde, stehen auch hinter Porfirio Lobo", so Oliva. Der konservative Unternehmer sei Ende November aus einem Wahlgang als Sieger hervorgegangen, der demokratisch nicht legitimiert war und dem sich 66 Prozent der Bevölkerung enthalten haben. "Die Macht des Putschregimes setzt sich also fort", stellt Oliva fest.

Der Widerstand sieht sich nach Ansicht Olivas "großen Hürden" gegenüber. Ein Grund dafür seien die unterschiedlichen Kräfte in der Nationalen Widerstandsfront, dem Bündnis der demokratischen Kräfte. "Die größte Herausforderung ist nun, angesichts der Repression, der Desinformation und der Unterwanderung die Einheit zu bewahren", sagte die Aktivistin, die dennoch Chancen aus der Mobilisierung der vergangenen Monate sieht: "Der größte Vorteil für die Widerstandsbewegung besteht in dem Klassenbewusstsein, das ein großer Teil der Bevölkerung seit dem Staatsstreich erlangt hat. Zum ersten Mal sehen sich diese Menschen derart direkt einer politischen und wirtschaftlichen Klasse sowie katholischen und evangelischen Machtstrukturen gegenüber, die ihre Interessen so entschieden verteidigen. Das hat vielen die Augen geöffnet."

Die in den 1980er Jahren gegründete Organisation COFADEH warnt auch nach der Machtübernahme Lobos vor der Repression. Seit Jahren gingen Polizei, Armee und Geheimdienste wieder verstärkt in Frontstellung gegenüber führenden Akteuren der sozialen Bewegungen. Diese würden unter anderem beschuldigt, Waffen und Geld aus Venezuela zu erhalten. "Bis jetzt hat es eine begrenzte und selektive Gewalt gegen Akteure der mittleren Ebene der Widerstandsbewegung gegeben. Das erinnert uns sehr an das Vorgehen paramilitärischer Todesschwadrone, die in den vergangenen Jahrzehnten in Honduras gemordet haben", sagt Oliva. Die Justiz, sagt sie, verschließe ihre Augen vor den Verbrechen: "In Honduras gibt es wieder Folterzellen in den Polizeistationen", warnt Oliva, "Oppositionspolitiker werden wieder gezielt entführt."

Eine ausführlichere Version des Interviews erschien in der Tageszeitung Neues Deutschland.


Bildquelle: toronto.mediacoop.ca