Kuba / USA

Keine Angst vor Austausch

Wissenschaftler aus den USA und Kuba diskutierten auf Buchmesse in Havanna kulturelle Kontakte zwischen den Ländern

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Keine Angst vor Austausch
Die Fahnen Russlands und Kubas vor der Buchmesse. Wann folgt das Star-Spangled Banner?

Havanna. Die renommierte US-Universität Harvard verfügt über eine der größten Sammlungen von Tier- und Pflanzenexponaten aus Kuba im Ausland. Dennoch ist der wissenschaftliche Nutzen beschränkt: Die letzte Einlieferung stammt aus dem Jahr 1960. Dies, so sagte der Vizedirektor der Eliteuniversität bei Boston, Jorge Dominguez, sei nur ein Beispiel für das abrupte Ende der Beziehungen zwischen beiden Staaten nach der kubanischen Revolution 1959.

Unmittelbar nach Beginn der 19. Internationalen Buchmesse in Havanna debattierten Wissenschaftler aus Kuba und den USA zum ersten Mal über die kulturelle Kooperation im Zeichen des Konfliktes. Der gebürtige Kubaner Dominguez zeigte sich trotz des 50-jährigen Konfliktes zuversichtlich: "Auf beiden Seiten gibt es ein enormes Interesse an dem Gegenüber, es gibt ein enormes Potential." Auch deswegen fördere die Harvard-Universität seit rund 15 Jahren den wissenschaftlichen Austausch zwischen beiden Staaten. Derzeit sind in Kuba mehrere Dutzend Studenten aus den Vereinigten Staaten eingeschrieben.

Die acht Jahre der US-Regierung unter George W. Bush seien in diesem Sinne eine "Eiszeit" gewesen, sagte Milagro Martínez, die an der Universität von Havanna für den Austausch mit den USA zuständig ist. Die Repressionen hätten in dieser Zeit derart zugenommen, "dass uns am Ende noch nicht einmal mehr Zusammenkünfte in Drittstaaten möglich waren". Die Frontstellung Washingtons rief in der wissenschaftlichen Gemeinschaft aber auch Kritik hervor. Bei einem Kongress der Vereinigung für Lateinamerika-Studien (LASA) in den USA hätten die Organisatoren vor wenigen Jahren symbolisch mehrere Dutzend leere Stühle für kubanische Kollegen aufgestellt, so Martínez. Das Foto sei sogar auf der ersten Seite der konservativen US-Tageszeitung Nuevo Herald erschienen.

Die Kuba-Politik des aktuellen Präsidenten Barack Obama sei "noch eine Unbekannte", sagte Sheryl Lutjens, die bei der LASA für Kuba verantwortlich ist. So gebe es andauernde Probleme für US-Forscher: "Es gibt für uns noch immer kein Recht auf einen freien Austausch". Die Kubanerin Martínez sah indes eine "langsame und leichte Verbesserung" nach dem Ende der Bush-Ära. Immerhin seien Reisen der US-Band Kool and the Gang nach Kuba möglich gewesen, "und auch (der Hollywood-Schauspieler) Sean Penn war bei uns zu Gast", so Martínez.

Interessante Details zur Kooperation gab der kubanische TV-Meteorologe José Rubiera preis. In dem länderübergreifenden Hurrikan-Komitee arbeiteten us-amerikanische und kubanische Forscher permanent zusammen. Für Rubiera ist das eine Notwendigkeit: Die periodisch auftretenden Wirbelstürme brauchten schließlich "weder ein Pass noch ein Visum, sie treffen Kuba ebenso wie die USA". Rubiera ließ es sich indes nicht nehmen, auf einen wichtigen Unterschied zu verweisen: Während der Hurrikan "Katrina" im August 2005 in den USA rund 1000 Tote forderte, seien in Kuba in den vergangenen Jahren kaum Opfer zu beklagen gewesen.

Ein US-amerikanischer Student warf am Ende der fast zweistündigen Debatte eine entscheidende politische Frage auf: Ob die zunehmenden Kontakte mit der "materialistischen und kapitalistischen Kultur der USA" nicht auch eine Gefahr für den kubanischen Sozialismus darstellten? Das Podium verneinte diesen Einwurf geschlossen. Kubas Sozialismus, entgegnete der Direktor der kubanischen Zeitschrift "Temas", Rafael Hernández, dürfte auch "keine Blume unter einer Glasglocke" sein. Daher habe er keine Angst vor eine "Vergiftung" durch die Kontakte. "In diesem Fall wären wir auch schon längst gescheitert", sagte der Publizist mit Blick auf den seit Jahren zunehmenden Tourismus in Kuba. Hernández plädierte für einen Ausbau der Beziehungen: Vielleicht können wir bei einer zukünftigen Buchmesse in Havanna ja die USA als Gastland begrüßen."

Amerika21.de berichtet in lockerer Folge von der Buchmesse in Havanna. Weitere Berichte und Informationen finden sich auf der Seite von Cuba Sí.


Bildquelle: Harald Neuber