Rio de Janeiro. Ein hochrangiger Funktionär des brasilianischen Gewerkschaftsverbandes CUT erhebt schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte des Stahlwerks TKCSA, das die deutsche Stahl-Aktiengesellschaft ThyssenKrupp AG seit 2006 an der Bucht von Sepetiba, rund 70 Kilometer westlich des Stadtzentrums von Rio de Janeiro errichtet. Beim Versuch, im Rahmen seiner Gewerkschaftsarbeit die Mitarbeiterunterkünfte der TKCSA aufzusuchen, wurde er von einem der dortigen Sicherheitskräfte unter Schusswaffengebrauch daran gehindert. "Die haben uns dort rausgeschmissen. Mit Revolver am Kopf", sagte der CUT-Gewerkschafter Jadir Batista auf einer Anhörung der Menschenrechtskommission des Bundesstaates Rio de Janeiro, ALERJ.
Die Aussage ist in einem Wortprotokoll der Anhörung vom 14. Dezember vergangenen Jahres dokumentiert, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Der Gewerkschafter Batista bezeichnete das Vorgehen des ThyssenKrupp-Sicherheitsdienstes als illegal. Alle Aktivisten der Gewerkschaft würden mit Waffengewalt vom Gelände vertrieben, so Batista.
Der Gewerkschaftsfunktionär war 28 Jahre lang Metallarbeiter beim brasilianischen Stahlkonzern CSN. Er arbeitete dort als Techniker in der Kokerei. Heute ist er Mitglied des Direktoriums der CUT im Bundesstaat Rio de Janeiro. Anfang der 1990er Jahre hatte Batista auch an gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahmen und Netzwerktreffen mit Stahlarbeitern im Ruhrgebiet teilgenommen.
Die Vorwürfe gegen den Werkschutz von ThyssenKrupp in Brasilien sind nicht neu. Die Fischer der Bucht von Sepetiba, die seit 2007 gegen den Bau des Stahlwerks protestieren, hatten bereits im November 2009 im Europaparlament und im Deutschen Bundestag ausgesagt, dass Sicherheitskräfte der TKCSA zugleich bewaffneten Milizen angehörten. Auch auf der Aktionärsversammlung von ThyssenKrupp im Januar dieses Jahres hatten die Fischer dies wiederholt. Doch die Konzernführung bestritt stets alle Vorwürfe. Der Fischer Luis Carlos Oliveira, der die Vorwürfe in Europa vortrug, befindet sich seit über einem Jahr unter Schutz der brasilianischen Bundespolizei. Er lebt an unbekanntem Ort, getrennt von seiner Familie, weil er die Vorwürfe um die Milizen bei ThyssenKrupp öffentlich thematisiert hat.
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Das Problem der Mafiamilizen im Westen Rio de Janeiros ist bekannt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty international hatte im vergangenen Jahr eine Eilaktion zu von den Milizen bedrohten Parlamentariern verfasst, die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung hatte schon im Jahre 2008, gemeinsam mit brasilianischen Partnerorganisationen, einen Hintergrundbericht zu den Paramilitärs verfasst.
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Bildquelle: Fabio Caffe