Venezuela

Venezuela: Internationaler Haftbefehl gegen Expräsidenten

Juristische Aufarbeitung der Staatsverbrechen in den 1980er Jahren beginnt

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Venezuela: Internationaler Haftbefehl gegen Expräsidenten
Repression während des Caracazo

Caracas. Der ehemalige venezolanische Präsident Carlos Andrés Pérez könnte demnächst im Ausland verhaftet werden. Gestern beantragte die Generalstaatsanwaltschaft in Venezuela einen internationalen Haftbefehl bei Interpol. Der Antrag ist Teil der Ermittlungen wegen Mordes und Folter im Zusammenhang mit den Ereignissen des Caracazo. Am 27. Februar 1989 brachen in Venezuela Volksaufstände aus, nachdem die neu gewählte Regierung des Sozialdemokraten Andrés Pérez drastische Kürzungen in den öffentlichen Haushalten beschlossen hatte. Gewählt wurde Carlos Andres Pérez wenige Monate zuvor hauptsächlich wegen seiner Kritik an den Anfängen einer neoliberalen Politik.

Um die Schulden bei internationalen Institutionen wie dem IWF und der Weltbank bedienen zu können, folgte Pérez den Vorschlägen des IWF. Staatsbetriebe wurden privatisiert und Subventionen für öffentliche Dienstleistungen aufgehoben. Auslöser für den Volksaufstand war schließlich die Entscheidung, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr zu erhöhen. Als die Preiserhöhungen in Kraft traten brachen zunächst in Caracas und später in weiteren Großstädten des Ölstaates Unruhen aus. Der Sozialdemokrat Pérez verhängte den Notstand und das Militär schlug die Revolte nieder: Bis zu 2.000 Menschen starben.

Nach Angaben der venezolanischen Generalstaatsanwältin, Luisa Ortega Díaz, kann allerdings auch ein internationaler Haftbefehl nicht garantieren, dass Carlos Andrés Pérez in Venezuela vor Gericht erscheinen muss. Die Verhaftung und Auslieferung unterliegt der Justiz des Landes, in dem die gesuchte Person sich aufhält. Luisa Ortega gab an, den aktuellen Aufenthaltsort des Ex-Präsidenten nicht zu kennen. Bekannt ist allerdings, dass Pérez nach seiner Amtsenthebung im Jahr 1993 in die USA ging.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft laufen außerdem Ermittlungen zu zwei weiteren Massakern durch die venezolanische Armee bzw. den Geheimdienst. Im Mai 1986 folterte und tötete die Geheimpolizei eine Gruppe Linker in dem im Bundesstaat Yaracuy gelegenen Ort Yumare. Ein weiteres Massaker an linken Aktivisten verübten Sicherheitskräfte 1982 in dem Ort Cantaura. "Diese Vorgänge lagen bisher im Eisschrank, wir müssen dafür sorgen, dass in diesen Fällen Gerechtigkeit geübt wird." erklärte Ortega. Sowohl die Täter als auch Auftraggeber sollen nun ermittelt werden. Zur Zeit laufen Ermittlungen gegen 13 Personen, von denen sich eine außerhalb des Landes aufhält.


Bild: ABN