Venezuela

Auf halbem Weg

Zehn Jahre "bolivarische Revolution": Venezuelas Präsident will weiter an der Spitze des Projektes bleiben

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Auf halbem Weg
Zehn Jahre im Amt: Hugo Chávez

Caracas. Auf der Fiesta zum zehnten Jahrestag seiner Regierung wird Venezuelas Präsident Hugo Chávez am heutigen Montag nicht alleine sein. Ein halbes Dutzend Staatschefs aus Lateinamerika und der Karibik werden erwartet.

Die prominenten Gäste vertreten allesamt Mitgliedstaaten des alternativen Staatenbundes ALBA, der Bolivarischen Alternative für Amerika. Dass sie mit Chávez auf sein Jubiläum anstoßen, ist kein Zufall: Die ALBA wurde Ende 2004 auf Initiative des venezolanischen Präsidenten und seines damaligen kubanischen Amtskollegen, Fidel Castro, als Gegenmodell zum US-dominierten Freihandelsabkommen ALCA ins Leben gerufen. Von der ALCA redet in der Region inzwischen niemand mehr. Die ALBA steht vor der Aufnahme weiterer Staaten, darunter Ecuador.

Das zeigt: Gut zehn Jahre nach dem Wahlsieg von Hugo Chávez am 6. Dezember 1998 ist Venezuela eine politische Regionalmacht. Sein Aufstieg und die zunehmende Bedeutung seines Reformprojektes, der "bolivarianischen Revolution", geht mit dem Zusammenbruch der alten Elitenherrschaft einher. In Folge der neoliberalen Misswirtschaft war es schon im Februar 1989 zu einem sozialen Aufstand in der venezolanischen Hauptstadt Caracas gekommen, der sich rasch über das ganze Land ausbreitete. Die Niederschlagung des "Caracazos" war der Anfang vom Ende der alten Eliteherrschaft. Und sie markierte den Beginn der Karriere von Hugo Chávez.

Seit dem Amtsantritt von Chávez am 2. Februar 1999 hat sich Venezuela grundlegend geändert. Der ehemalige Oberstleutnant hat seither nicht nur zwölf Wahlen gewonnen, seine sozialpolitischen Erfolge sind beträchtlich. Nach der Etablierung mehrerer Bildungsprogramme erklärte die UN-Kulturorganisation UNESCO Venezuela 2005 frei von Analphabetismus. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) attestierte der Chávez-Regierung Erfolg im Kampf gegen die Unterernährung von Kindern. Venezuela weist nach Chile und Kuba das beste Ergebnis in der Region auf. 1998 erreichte die Trinkwasserversorgung in Venezuela nur 55 Prozent der Bevölkerung. 2007 waren es dank umfassender Investitionsprogramme bereits 80 Prozent. Venezuela hat damit schon das Millenniumsziel der UNO in diesem Bereich erfüllt.

Doch auch die weiteren Herausforderungen für Venezuelas Regierung sind enorm. Die weiter eskalierende Weltwirtschaftskrise, der Einbruch des Erdölpreises und eine gewaltbereite Opposition bedrohen das soziale Reformprojekt an seinem zehnten Jahrestag. Am 15. Februar sind die Venezolaner deswegen zu einer weiteren Abstimmung aufgerufen. Fünf Artikel der Verfassung sollen verändert werden, um die bisher geltende Begrenzung von Amtszeiten für Funktionsträger aufzuheben. Bislang können sie nur zwei Mal in Folge amtieren. "Ich will nicht ewig im Amt bleiben", sagte Chávez dazu, "aber ich will nicht auf halben Wege stehen bleiben."


Den ausführlicheren Originaltext finden Sie in der Tageszeitung Neues Deutschland.

Bildquelle: ABN