Amerikas

Anklage gegen Expräsidenten

Bolivien fordert von USA die Auslieferung des bis 2003 regierenden Gonzalo Sánchez de Lozada

Washington. Fünf Jahre nach dem "Massaker vom Schwarzen Oktober 2003" und der Flucht des damaligen Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada (1993-1997 und 2002-2003) in die USA hat Boliviens Regierung der Bewegung zum Sozialismus (MAS) erstmalig formal dessen Auslieferung beantragt. "Wir haben mit der offiziellen Übergabe des Gesuches die Auslieferung erbeten", so Erika Dueñas, Verhandlungsführerin der bolivianischen Botschaft, am Dienstag in Washington. Dueñas vertrat den Botschafter Boliviens, Gustavo Guzmán. Dieser war im September als Reaktion auf die Ausweisung des US-Botschafters Philip Goldberg aus La Paz ebenfalls aus den USA ausgewiesen worden.

Mit der Überreichung des 2 700 Seiten langen Auslieferungsgesuchs an den Direktor des Anden-Büros im US-Außenministerium, Kevin Whitaker, wird auch die Auslieferung des damaligen Verteidigungsministers Carlos Sánchez Berzaín und des Energieministers Carlos Berindoagüe gefordert, die in den USA "politisches Asyl" erhalten haben. In ihrem Heimatland sind sie wegen ihrer mutmaßlichen Verantwortung für die Geschehnisse im Oktober 2003 angeklagt, als Militär bei Anti-Regierungsprotesten 67 Demonstranten erschoss und über 400 verletzte.

Das Auslieferungsverfahren gegen de Lozada, der während seiner Amtszeit mit dem Ausverkauf wichtigster Schlüsselindustrien zu einem der reichsten Männer Boliviens avancierte, läuft schon seit Ende 2004. Damals hatte der bolivianische Kongress seine Überstellung an die nationale Justiz gefordert. Im September 2007 erließ das von konservativen Juristen kontrollierte Oberste Gericht ein Auslieferungsurteil. Danach benötigte Boliviens Außenministerium acht Monate, um die nun übergebenen Dokumente zusammenzustellen.

Auf US-amerikanischer Seite gibt es wenig Interesse an einem Verfahren gegen die neoliberalen Politiker.


Den vollständigen Originalartikel der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.