Amerikas

"Wir wollen Freunde der Welt sein und dass die Welt unser Freund ist"

Nach dem Wahlsieg von Barack Obama hofft Venezuelas Präsident Hugo Chávez auf bessere Beziehung zu den USA

Caracas. Am Wahltag in den USA drückte Venezuelas Präsident Hugo Chávez Frías erneut seine Hoffnung aus, der zukünftige US-Präsident möge die Souveränität der Völker achten und den Machtanspruch über die ganze Welt aufgeben. "Hoffentlich hört der US-Imperialismus auf. Hoffentlich respektieren sie uns und hoffentlich können wir in einer Beziehung wie Brüder, wie befreundete Länder, stehen", sagte der Comandante der Bolivarianischen Revolution in einer landesweit übertragenen Fernseh- und Radiosendung. Er beantwortete so die Frage eines britischen Journalisten über die Beziehungen Venezuelas zu den USA. Chávez zeigte sich zuversichtlich, dass der Kandidat der Demokraten, Barack Obama, gegen den Republikaner John McCain gewänne.

Aber das seit 1999 amtierende venezolanische Staatsoberhaupt ließ keinen Zweifel aufkommen, dass seine Worte Wunschdenken angesichts der konkreten US-amerikanischen Politik in Lateinamerika und andernorts sein könnten. "Unabhängig von den politischen Systemen in jedem Land muss man daran denken, dass jedes souverän ist und dass diese Souveränität respektiert werden muss. Das ist eines der grundlegenden Probleme der USA: sie respektieren die Souveränität der Völker dieser Welt nicht und möchten ihre Herrschaft mittels eines gewaltsamen Modells aufdrücken, wie das im Irak der Fall ist", unterstrich Chávez.

Der Präsident ging auch auf die Feststellung des Journalisten ein, wonach es zwischen dem sozialistischen Venezuela und den kapitalistischen USA nur schwerlich gute Beziehungen geben könnte. Chávez entgegnete, in England und Spanien sei es auch möglich, dass ein Königshaus gemeinsam mit einer demokratischen Regierung in einem parlamentarischen System existieren könnte. "Hier haben wir keine Könige, sondern Demokratie", sagte der Präsident und fügte hinzu, "aber werden wir uns deswegen mit ihnen [den Briten, IN] anlegen?"

Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen hatte Chávez mehrfach die Hoffnung geäußert, dass sich mit einem neuen US-Präsidenten auch die Aussenpolitik des Weissen Hauses ändern könnte. Dazu zählt in erster Linie das Ende der Blockade gegen Kuba, wie der Comandante noch einmal Anfang der Woche deutlich machte.

Nach Obamas offensichtlichem Wahlsieg bleibt abzuwarten, ob der 44. Präsident der USA tatsächlich stark genug und willens ist, die US-Politik gegenüber Lateinamerika und der Karibik nachhaltig zu verändern. Viel gefährlicher für die progressiven Regierungen wird es sein, wenn sich alle Welt vom Image des Demokraten als "Veränderer" blenden lässt. Das würde ihm helfen, seine Gegner zu verwirren und neue internationale Allianzen zu schmieden. Unter diesem Deckmantel kann er dann die bisherige aggressive Politik besser fort- und umsetzen, als es sein neokonservativer Vorgänger George W. Bush im Alleingang konnte. Ein neuer Politikstil bedeutet aber nicht, dass sich Obama über gewisse Realitäten hinwegsetzen kann: der US-Kapitalismus braucht angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise dringender denn je neue Absatzmärkte und Zugriff auf billiges Öl ebenso wie Geldzuflüsse aus dem Ausland. Es sei denn, der neue Mann im Weissen Haus will den Kapitalismus abschaffen. Da das nicht der Fall sein wird, werden die Pläne der US-Geheimdienste gegen die progressiven Staaten weiterlaufen, um für das Kapital des Nordens verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Daran ist auch die EU interessiert, die der Öffentlichkeit jetzt eine Zusammenarbeit mit dem "Veränderer" Obama besser verkaufen kann, als das mit Bush möglich gewesen wäre.