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Autonomiestreben spaltet Bolivien

Im Referendum über die Autonomie der Provinz Santa Cruz erringen die Befürworter einen Sieg. Die Regierung hatte zur Wahlenthaltung aufgerufen

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Autonomiestreben spaltet Bolivien
Zum Dialog bereit: Evo Morales bei seiner Ansprache am Sonntag

Porto Alegre. Erwartungsgemäß haben die WählerInnen der rohstoffreichen Provinz Santa Cruz im Osten Boliviens am vergangenen Sonntag das Autonomiestatut ihrer Regionalregierung klar angenommen. Nach der Auszählung von 22 Prozent, so das örtliche Wahlgericht in der Nacht zum Montag, betrug der Anteil der Jastimmen 82 Prozent. Die Wahlbeteiligung soll bei 60 Prozent gelegen haben. Offizielle Endergebnisse werden erst in den nächsten Tagen erwartet.

Präsident Evo Morales verwarf das Referendum erneut als illegal. Es war weder vom Obersten Wahlgericht noch von der Organisation der Amerikanischen Staaten anerkannt worden. Der Präsident hatte auch nicht zum "Nein", sondern zur Stimmenthaltung aufgerufen.

Vor allem in der Armensiedlung Plan Tres Mil, einer Hochburg von Morales' "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen, als militante Autonomisten die Abstimmung gegen den Willen der Bewohner durchsetzen wollten. Rund 30 Menschen wurden verletzt. Ein 68-jähriger Mann starb an den Folgen von Tränengas, das die Polizei gegen Demonstranten einsetzte. Zudem gab es Berichte von Wahlurnen, die voller Jastimmen abtransportiert worden waren.

"Es war ein Misserfolg", sagte Morales in einer Fernsehansprache - rund die Hälfte der Wahlberechtigten habe nicht für die Autonomie gestimmt, wenn man 39 Prozent Wahlenthaltung, die Neinstimmen und die ungültigen Stimmen zusammenzähle. "Leider hat diese Befragung die Provinz Santa Cruz gespalten und die Familien gegeneinander aufgebracht", meinte der Präsident.

In mehreren Städten des Andenhochlandes hatten tagsüber hunderttausende Regierungsanhänger gegen das Referendum demonstriert. Im Juni finden in drei weiteren Provinzen ähnliche Abstimmungen statt.

Im Zentrum von Santa Cruz de la Sierra feierte Gouverneur Rubén Costas die ersten Hochrechnungen. "Heute beginnen wir den Weg zu einer neuen Republik, zu einem modernen Staat", rief er vor einer begeisterten Menge mit weiß-grünen Fahnen. Die Einheit Boliviens werde durch die Abstimmung nicht gefährdet, so Costas. Als erste Maßnahmen seiner "autonomen" Provinzregierung versprach er die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung und eines Mindestlohns. Costas sagte, auf der Basis des Autonomiestatuts sei er zu Gesprächen mit La Paz bereit. Wenig später gab Morales zurück, die Grundlage eines Dialogs mit den Gouverneuren müsse die neue Verfassung sein - die hatte die MAS im Dezember verabschiedet. In einigen Monaten wollte die Regierung die neue Verfassung per Referendum bestätigen lassen.


Den Originaltext der Tageszeitung (taz) finden Sie hier.

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