Amerikas

Kampf gegen die innere Krise

OAS-Tagung in Medellín: Kriegspolitik der Uribe-Regierung bestimmt Agenda

Medellín. Es sollte eine Routinesitzung werden - doch von Routine war nichts zu spüren, als sich von Sonntag bis Dienstag die 35 Mitglieder der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) trafen. Den Planungen zufolge sollte es bei der Zusammenkunft im kolumbianischen Medellín um die "demokratischen Werte der Jugend" gehen. Doch selbst die zentrale Arbeitsgruppe zu diesem Thema wurde schnell von dem aktuellen Konflikt zwischen den OAS-Mitgliedern Kolumbien und Ecuador dominiert. Seit Bogotá am 1. März mit Bodentruppen und der Luftwaffe ein Lager der FARC-Guerilla im Nachbarland angegriffen hat, liegen die diplomatischen Beziehungen auf Eis.

OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza versucht seither zwischen den beiden Staaten zu vermitteln. Ein schwieriges Unterfangen, denn Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe gießt immer wieder Öl ins Feuer. Fast täglich streut seine Regierung neue Meldungen über angebliche Erkenntnisse aus Computern, die in dem Lager der FARC-Guerilla gefunden worden sein sollen. Linke Kräfte aus aller Welt hätten die "Terroristen" der FARC unterstützt, heißt es aus Bogotá. Auch der Regierung Venezuelas hält Uribe vor, die Rebellen mit umgerechnet 300 Millionen US-Dollar unterstützt zu haben. Ähnliche Beschuldigungen muss sich Ecuadors Staatschef Rafael Correa gefallen lassen. Beweise gibt es bei der Kampagne der Uribe-Führung nicht. Zwar hat die internationale Polizeiorganisation Interpol die vermeintlichen FARC-Datenträger überprüft. Wie der Untersuchungsleiter aus der Interpol-Zentrale im französischen Lyon gegenüber junge Welt bestätigte, handelte es sich aber um eine rein technische Analyse. Die inhaltlichen Aussagen der kolumbianischen Regierung kann niemand verifizieren.

Angesichts immer neuer politischer Angriffe aus Kolumbien forderte Ecuadors Außenministerin María Isabel Salvador die Regionalorganisation zu Beginn der OAS-Tagung deswegen zu einer eigenen Überprüfung der angeblichen FARC-Computer auf. Ihr Land habe ein "reines Gewissen", sagte die Chefdiplomatin. Insulza zeigte sich bereit, die Untersuchung in Auftrag zu geben. Zugleich erklärte er, die OAS sei nicht in der Lage, eine juristische Klärung des Streits herbeizuführen. Er machte damit die Grenzen seiner Organisation deutlich: Solange Kolumbien seine Nachbarstaaten mit vermeintlichen Beweisen einer Zusammenarbeit mit den FARC bezichtigt, wird der Streit andauern. Und solange das kolumbianische Militär mit Hunderten Millionen US-Dollar jährlich vom OAS-Mitglied USA unterstützt wird, kann die Uribe-Führung weiter auf Konfrontation setzen.

Die USA arbeiten auch an anderer Stelle gegen Insulza. Dieser hatte in seiner Eröffnungsrede am Sonntag eine Wiederaufnahme Kubas in die Regionalorganisation in Aussicht gestellt. "Es sollte immer unser Wunsch sein, diesen geliebten Bruderstaat wieder vollständig in unsere Organisation aufzunehmen", so Insulza. Was er nicht erwähnte: Die OAS selbst hatte die sozialistische Regierung in Havanna 1962 - nur drei Jahre nach dem Sturz des US-nahen Diktators Fulgencio Batista - aus ihren Reihen ausgeschlossen. Bis heute erhalten die USA als größtes OAS-Mitglied eine völkerrechtswidrige Blockade gegen Kuba aufrecht. Dieses Hindernis einer Annäherung spielte weder in der Eröffnungsrede noch in den Schlussworten des Generalsekretärs eine Rolle.


Den Originaltext des Artikels in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.