Venezuela

Preis der Privatisierung

Die venezolanische Justiz sucht per Haftbefehl den Ex-Vorsitzenden von Iberia wegen betrügerischen Bankrotts

Caracas. Der ehemalige Vorsitzende der staatlichen spanischen Fluglinie Iberia, Xabier de Irala Estévez, soll sich für den Bankrott der venezolanischen Fluglinie VIASA vor einem Gericht in Caracas verantworten. Am Mittwoch (13.2.2008) stellte das Tribunal 42 de Control einen Haftbefehl aus. Das meldet die spanische Tageszeitung El País in ihrer Online-Ausgabe vom 14. Februar 2008. Die Richter folgen einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Irala und andere Angeklagte des betrügerischen Bankrotts verdächtigt. Die venezolanische Kriminalpolizei CICPC soll über Interpol den Aufenthaltsort von Irala herausfinden und seine Festnahme veranlassen.

Bereits am 29. Januar 2008 hatte die venezolanische Staatsanwaltschaft die spanischen Behörden um Amtshilfe gebeten, um Xabier de Irala als Beschuldigten laden zu können. Ihr Anliegen blieb erfolglos. Es kam weder zu einem Verhör noch zu einer Anhörung. Irala arbeitet derzeit als Vorsitzender der baskischen Sparkasse Bilbao Bizkaia Kutxa (BBK) in Nordspanien. Von 1996 bis 2003 leitete er die Iberia. Sein Spar- und Privatisierungskurs brachte die Fluggesellschaft in die Gewinnzone.

Die Venezolana Internacional de Aviación, Sociedad Anónima (VIASA), entstand 1961 als ein Privatunternehmen. In den folgenden Jahrzehnten etablierte sie sich als die nationale Fluglinie Venezuelas und gleichzeitig wurde sie eine der größten Airlines in Lateinamerika. Sie bediente in erster Linie internationale Verbindungen. Darunter waren die wichtigsten Flughäfen in Europa. Als das Unternehmen Anfang der 70er Jahre erstmalig in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde es - wie auch die Ölindustrie - verstaatlicht. 1989, als die große Privatisierungswelle über Lateinamerika herein brach, stand auch VIASA zum Verkauf. An der Versteigerung nahm neben der spanischen Iberia auch die holländische KLM teil. Das Rennen machten die Spanier. Sie übernahmen 1991 das Unternehmen und hielten 45 Prozent der Aktien. Für die Verstaatlichung und die Privatisierung von VIASA war der sozialdemokratische Präsident Carlos Andrés Pérez verantwortlich. Er wurde 1993 wegen Korruption seines Amtes enthoben.

1991 strukturierte Iberia ihren Neuerwerb um und gliederte die venezolanische Fliegerflotte ihrem Bestand ein, um sie dann gleich wieder an VIASA zurück zu vermieten. Dieses neoliberale Geschäftsmodell ist als Cross-Border-Leasing bekannt. Nach dem Verkauf rutschte die angeschlagene Fluglinie immer weiter in die roten Zahlen. Als ein Grund wird die "katastrophale Kommunikation" mit der Iberia-Zentrale in Madrid genannt. Am 23. Januar 1997 folgte das endgültige Aus. Iberia machte VIASA dicht und sackte den gesamten Luftfahrzeugpark und alle Rechte ein. Das geschah als Xabier de Irala die Iberia leitete.

Das Schicksal von VIASA ist immer noch ein Politikum in Venezuela. Als Nachfolgerin von VIASA schuf die Regierung von Hugo Chávez am 30. März 2004 die neue Fluggesellschaft CONVIASA. 80 Prozent der Anteile hält der venezolanische Staat, 20 Prozent der Bundesstaat Nueva Esparta.