Venezuela

Öl-Streit spitzt sich zu

Venezolanischer Öl-Konzern stoppt Lieferungen an US-Multi ExxonMobil

Caracas. Der staatliche Öl-Konzern Petróleos de Venezuela Sociedad Anónima (PDVSA) hat am Dienstag (12.2.2008) seine Geschäftsbeziehungen und alle Lieferungen an den US-Multi ExxonMobil eingestellt. Bestehende Verträge über gemeinsame Investitionen im Ausland sollen dahingehend überprüft werden, inwieweit auch sie aufgelöst werden können. "Wir prüfen eine Klage gegen ExxonMobil", kündigte Energie- und Ölminister Rafael Ramírez im Interview mit der venezolanischen Tageszeitung "Últimas Noticias" am Dienstag an.

Damit reagiert das venezolanische Unternehmen auf das Einfrieren von Vermögenwerten in der Höhe von 12 Milliarden US-Dollar (ca. 8,4 Mrd. Euro). Diese Maßnahme hatte Exxon vor einem Londoner Gericht durchgesetzt, um den Ausfall seines Venezuela-Geschäfts zu kompensieren. Seit über einem Jahr streitet das US-Unternehmen mit PDVSA vor Gericht über die Höhe der Entschädigung, nachdem letzteres die Ölanlagen in Venezuela im Frühjahr 2007 übernommen hat.

Seit dem 1. Mai 2007 kontrolliert der venezolanische Staat über PDVSA die Ölförderung im Orinoco-Becken. Im Februar 2007 hatte er per Dekret angekündigt, daß die ausländischen Firmen Anteile an PDVSA abtreten mußten, wenn sie weiter am Ölgeschäft beteiligt sein wollten. Dafür erhielten sowohl sie eine Entschädigung als auch jene Unternehmen, die ganz ausstiegen. Laut Dekret hält der venezolanische Staatskonzern zukünftig 60 Prozent an den Gemeinschaftsunternehmen. Mit dieser Maßnahme hat sich der venezolanische Staat die Kontrolle über seine Bodenschätze und seine wichtigste Einnahmequelle gesichert. PDVSA steht wegen der Übernahme in Verhandlungen mit fünf ausländischen Firmen. Eine Einigung konnte mit den Multis Total (Frankreich), Eni und Enel (Italien) sowie ConocoPhillips (USA) erreicht werden. Nur ExxonMobil sucht die offene Feldschlacht.

Das Einfrieren der Auslandsgelder bedeutet keine wirtschaftliche Gefahr für PDVSA, da die Firma über mehr als 109 Milliarden US-Dollar an Aktiva verfügen soll. Der steigende Ölpreis wird die Kasse weiter füllen.

Einen Stopp aller Öl-Lieferungen an die USA, wie sie der venezolanische Präsident Hugo Chávez am 10. Februar 2008 in Aussicht gestellt hat, wenn die Angriffe gegen PDVSA und sein Land anhielten, halten Experten im Moment für wenig praktikabel: 80 Prozent der Öl-Exporte gehen in die Vereinigten Staaten, wo 60 Prozent der Raffineriekapazitäten stehen. Das venezolanische Rohöl bedarf aufgrund seiner Zusammensetzung eines speziellen Aufbereitungsprozesses. Die Regierung Chávez ist bemüht, sich aus dieser indirekten Abhängigkeit zu befreien, indem sie unter anderem Raffinerien in Nicaragua und auf Kuba baut. "Des weiteren führen wir Gespräche mit China über den Bau von drei Anlagen dort, die täglich 800 000 Barrel venezolanischen Öls verarbeiten sollen", sagte Öl-Minister Ramírez.