Amerikas

Spaniens neue Kolonialtruppen

Madrid integriert lateinamerikanische Einheiten in die NATO

Madrid. Kurz nach seinem überraschenden Wahlsieg im März 2004 gab sich Spaniens sozialdemokratischer Premier José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) als Pazifist, indem er unverzüglich sein Wahlversprechen einlöste und die spanischen Truppen aus dem Irak zurückholte. Das ist Geschichte, die Wirklichkeit sieht anders: Unter anderen politischen Vorzeichen führt Zapatero die Militärpolitik seines postfranquistischen Vorgängers José María Aznars (PP) fort. Sie verfolgt zwei Ziele: erstens lateinamerikanische Armee-Einheiten an die NATO heranführen; zweitens die Reihen der spanischen Streitkräfte mit Menschen aus den einstigen Kolonien füllen, die man in den amerikanischen Befreiungskriegen des 19. Jahrhunderts verloren hatte.

50 Soldaten aus dem mittelamerikanischen El Salvador haben das spanische Kontingent von 1100 Mann im Südlibanon verstärkt. Zuvor waren sie im spanischen Zaragoza auf NATO-Standard gedrillt worden. Die Spanier operieren seit Herbst 2006 im Auftrag der UNO im Libanon. Ihre Mission lautet, das Erstarken der Hizbollah zu verhindern und beim Minenräumen zu helfen. Die Militärbasis trägt den Namen des spanischen Nationaldichters Miguel de Cervantes. Dieser hat eine Vorbildfunktion auch beim Militär, aber nicht etwa weil er seine weltbekannte Romanfiguar "Don Quijote" gegen Windmühlen kämpfen ließ, sondern weil er 1571 gegen die Türken in der Schlacht bei Lepanto 1571 kämpfte. Dabei verlor er seine linke Hand. Ihr Leben hingegen verloren sechs Angehörige der spanischen Truppen im Libanon, als im Juni 2007 eine Bombe neben ihrem Konvoi explodierte. Drei der Toten waren Kolumbianer. Madrid entschädigte ihre Familien mit je 140000 Euros.

Seit 2002 können Lateinamerikaner der regulären spanischen Armee beitreten. Die Regierung Aznar reagierte so auf den Personalmangel, der durch die hohe Totalverweigerung und die Mitte der 90er Jahre abgeschaffte Wehrpflicht entstanden war. 2007 dienten 4648 Lateinamerikaner (5%) in Spaniens Armee. Das größte Kontingent stammt aus Ecuador (1919 Soldaten), gefolgt von Kolumbien (1872) und Bolivien (212). Madrids Werber touren regelmäßig durch Lateinamerika auf der Suche nach neuen Rekruten. Sie versprechen neben einem hohen Sold die spanische Staatsbürgerschaft, Familienzusammenführung und eine Karriere im normalem Militär - fernab der berüchtigten Fremdenlegion. Die Elite-Einheit stellt den Führungsstab der spanischen UN-Truppen im Zedernstaat.

Aber die Regierung Zapatero engagiert sich auch, um für die US-Außenpolitik wichtige Staaten an die NATO heranzuführen. Im Moment verhandelt Verteidigungsministerin Carme Chacón mit ihrem kolumbianischen Amtskollegen Juan Manuel Santos, wie 100 Kolumbianer demnächst das 800 Mann zählende spanische ISAF-Kontingent der NATO in Afghanistan verstärken können.

So setzt Zapatero Aznars Militärpolitik fort. Der Postfranquist unterstützte nicht nur politisch den Angriffskrieg des US-Präsidenten George W. Bush gegen den Irak, sondern er bereiste auch Lateinamerika, um dort Truppen einzuwerben. 2003 landeten die Spanier mit ihrer Brigade "Plus Ultra" im eroberten Zwei-Strom-Landes. Unter ihrem Kommando standen zwei Bataillone mit Soldaten aus El Salvador, Honduras, Nicaragua und der Dominikanischen Republik.

Einheiten aus diesen vier Ländern erhalten gerade in Guatemala eine Ausbildung für Friedens- und Antiterror-Operationen im Rahmen der UNO. Die Ausbilder kommen vom Südkommando des NATO-Mitglieds USA. Logistische Unterstützung leisten die NATO-Staaten Großbritannien und Kanada.