Amerikas

Traktoren gegen Cristina Fernández

Argentiniens Großbauern protestieren gegen höhere Exportabgaben. Regierung nennt Streik "Blockade der Überfülle" und hält an Umverteilungspolitik fest

Buenos Aires. Argentiniens Bauern haben nach ergebnislosen Verhandlungen mit der Regierung am Samstag ihren Streik gegen höhere Exportsteuern wieder aufgenommen. Ihre vor mehr als zwei Wochen begonnenen Kampfmaßnahmen hatten sie wegen der Gespräche am Freitag erstmals unterbrochen. Nachdem die Regierung auf ihre Forderungen nicht eingegangen war, blockieren sie nun mit abgestellten Traktoren und landwirtschaftlichem Gerät erneut zahlreiche Straßen und Häfen. Sie fordern die Rücknahme der kürzlich erhöhten Exportsteuern auf Agrarprodukte. Zehntausende Argentinier solidarisierten sich in der vergangenen Woche und protestierten in mehreren Städten mit Pfannen und Kochtöpfen gegen die Regierung. Argentiniens seit Dezember amtierende Präsidentin, Cristina Fernández de Kirchner, hat damit die erste große Krise ihrer Regierung zu meistern. Ihr Gegner ist die mächtige Agrarlobby des Landes. Infolge des Streiks ist es bereits zu einem drastischen Rückgang der Exporte von Agrarrohstoffen und ersten Versorgungsengpässen bei Lebensmitteln in heimischen Märkten gekommen.

Doch die Symbolik der Proteste - leere Kochtöpfe und sich lichtende Supermarkregale - kann nicht verschleiern, dass es denen, die sich nun lautstark aufregen, so gut wie seit langem nicht mehr geht. Argentiniens Großbauern haben in den vergangenen Jahren beste Geschäfte gemacht. Die steigenden Preise für Rohstoffe auf dem Weltmarkt, aber auch die Aufgabe der Dollarparität des argentinischen Peso haben dafür gesorgt, dass die wenigen Agro-Großkonzerne des Landes sehr gut verdient haben. Vor allem das stark export­orientierte Sojageschäft boomt. Weil dort am meisten Rendite erzielt wird, wird auf immer mehr Anbauflächen Soja gepflanzt. Die Produktion von Weizen und Mais für den heimischen Bedarf geht dagegen zurück. Cristina Fernández will nun einen Teil des im Agrarsektor erwirtschaften Mehrwertes abschöpfen. Künftig sollen 44 Prozent der Sojaexporterlöse an die Staatskasse abgeführt werden. Die Regierung erhofft sich durch die höheren Exportsteuern Mehreinnahmen von elf Milliarden US-Dollar.

Gegen die von der größten Mediengruppe des Landes (Clarín) unterstützten Proteststurm der Großbauern wandte sich Fernández in mehreren Fernsehansprachen an die Öffentlichkeit. Sie wolle, dass die ganze Gesellschaft von den steigenden Einnahmen profitiere, nicht nur - wie bisher - eine kleine Schicht von Agarunternehmern. Den Ausstand der Bauern nannten sie eine "Blockade der Überfülle". Zugeständnisse könne sie sich allerdings für kleinere landwirtschaftliche Erzeuger vorstellen. An den höheren Exportabgaben auf Soja will sie allerdings festhalten, um der einseitigen Ausrichtung des Agrarsektors entgegenzuwirken.

Die mächtigen Agrarverbände vereinen die alteingesessene Oligarchie des Landes. Sie verteidigen das Modell eines agroexportierenden Landes, um damit ihre Pfründe zu sichern. Die steigenden Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt haben in der Vergangenheit auch dafür gesorgt, dass Argentiniens Großbauern immer mehr exportieren, statt den eigenen Markt zu bedienen. Die Regierung argumentiert, dass durch die progressiven Abgaben auf Exporte, die Inflation der Lebensmittelpreise im eigenen Land im Zaum gehalten werden könne. Schätzungen zufolge liegt die Inflation derzeit bei drei Prozent.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.