Venezuela

Gewaltsam gegen Verfassungsreform

Situation in Venezuela spitzt sich zu. Oppositionelle Gruppen setzen trotz Gesprächsbereitschaft des Parlamentes augenscheinlich auf mehr als friedlichen Protest.

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Gewaltsam gegen Verfassungsreform
Studenten gegen Polizei

Caracas. Die venezolanische Polizei hat am Dienstag Proteste von mehreren Tausend Studenten und oppositionellen Parteien gegen die geplanten Verfassungsreformen nach Ausschreitungen gewaltsam aufgelöst. Die Demonstranten wollten trotz Verbotes bis zur Nationalversammlung marschieren, wo derzeit die dritte und letzte Lesung der Verfassungsreform stattfindet. Gleichzeitig fand in unmittelbarer Nähe des Parlamentsgebäudes eine Kundgebung von regierungsnahen Studenten statt, die damit ihre Solidarität mit der Verfassungsreform und des bolivarischen Prozesses zum Ausdruck bringen wollten.

Um ein Aufeinandertreffen der gegnerischen Gruppen zu verhindern, hatte die Stadtverwaltung den oppositionellen Demonstranten die Route verkürzt und einen Marsch bis direkt vor das Parlament untersagt. Die Reformgegner versuchten daraufhin, Absperrungen zu überwinden und attackierten die Polizei mit Wurfgeschossen in Form von Flaschen und Steinen. Auf diese Provokationen reagierte die Polizei mit dem Einsatz von Tränengas und der Auflösung der Demonstration. Der geplante Empfang von oppositionellen Studenten in der Nationalversammlung durch eine Gruppe Parlamentarier konnte trotz der vorherigen Eskalation stattfinden. Eine Kommission von zehn Studentenvertretern übergab dort ein Dokument, dass sich gegen die Verfassungsreform richtet.

Die Studenten fordern unter anderem, die geplanten Notstandsbestimmungen zurückzunehmen. Doch bereits vor der Demonstration hatte die Reform-Kommission des Parlamentes die Modifikation dieser beabsichtigten Änderung angekündigt. Die geplante Einschränkung des Rechtes auf Informationsfreiheit und des Rechtes auf ein faires Verfahren im Notstandsfalle, z.B. eines erneuten Putschversuches, würden zurückgenommen. "Die Anträge der Studenten werden doch bereits im Parlament diskutiert", sagte der Abgeordnete Calixto Ortega, der an dem Empfang der Studentenvertreter teilgenommen hatte. Trotzdem würde das Dokument der Studenten ausführlich begutachtet, versicherte er. Eine geforderte Verschiebung des Referendums zur Verfassungsreform, das für Anfang Dezember geplant ist, lehnte der Parlamentarier aber ab. Das Parlament will seine Beratungen in dieser Woche abschließen. Derzeit werden die mittlerweile 69 Änderungen einzeln in der Nationalversammlung debattiert.

Studentensprecher Stalin Gonzalez bekräftigte, dass die Hochschüler an der Forderung nach einer Verschiebung des Referendums festhielten. In der nächsten Woche wollen die oppositionellen Studenten zum Nationalen Wahlrat marschieren um erneut für eine Verschiebung auf Anfang Februar zu demonstrieren. Der Zeitraum für die Diskussion der Reform sei zu kurz gewesen nachdem Präsident Hugo Chávez sie Mitte August im Parlament vorgestellt hatte. Nach Ihrer Meinung müsse die Reform noch in einer breiten nationalen Diskussion erörtert werden. Allerdings hatte diese Diskussion in den Monaten seit der Präsentation des Präsidenten bereits stattgefunden, in unzähligen Diskussionsforen und Anhörungen der Nationalversammlung wurde über Veränderungen debattiert. Daraufhin hatte die parlamentarische Kommission zur Verfassungsreform auf Basis von Anregungen aus verschiedenen sozialen Gruppen die Vorschläge von Chávez noch erweitert. Die Opposition und die bisherige sozialdemokratische Regierungspartei Podemos werfen der Parlamentsmehrheit nun allerdings Verfahrensfehler vor, da die Reform im laufenden Verfahren geändert wurde.


Quellen: Agencia Bolivariana de Noticias, Aporrea.org, El Universal.