Kolumbien / Venezuela / Politik

Protestbrief an Uribe aus Paris

Enttäuschung nach Abbruch der Verhandlungen um Gefangenenaustausch in Kolumbien. Hugo Chávez: "Wir machen auf alle Fälle weiter"

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Protestbrief an Uribe aus Paris
Noch zuversichtlich: Chávez und Sarkozy in Paris

Mit Wut und Verzweiflung haben die Kolumbianer auf die Entscheidung ihres Präsidenten Álvaro Uribe reagiert, die Verhandlungen um einen humanitären Austausch abzubrechen. Uribe hatte seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez in der Nacht auf Donnerstag das Mandat für dessen Vermittlungsmission nach sieben Wochen überraschend wieder entzogen. Als Grund gab das Präsidialamt in Bogotá ein Telefonat zwischen Chávez und dem Oberkommandierenden des kolumbianischen Heeres, General Mario Montoya, an. Solche direkten Kontakte mit ranghohen Militärs seien dem Staatschef untersagt worden, hieß es in einer schriftlichen Erklärung.

Die Entscheidung Uribes traf im Land sowie international auf entschiedene Ablehnung. Widerspruch kam unter anderem von dem Expräsidenten Ernesto Samper und dem amtierenden Gouverneur des Departements Cauca, Angelino Garzón. Die gemäßigt linke Oppositionspartei Demokratischer Alternativer Pol (PDA) rief Regierung sowie die Guerilla der Befreiungsbewegung FARC zum Dialog auf. Erschüttert zeigten sich Angehörige der Gefangenen. Die Gruppe Asfamipaz reagierte auf die Entscheidung Uribes mit "Enttäuschung und Trauer".

Chávez sollte gemeinsam mit der linksliberalen Senatorin Piedad Córdoba auf einen Austausch der Gefangenen von Regierung und Aufständischen hinwirken. Die FARC-Guerilla hält 45 Personen fest - teilweise seit Jahren. In den staatlichen Gefängnissen sitzen rund 500 Guerilleros ein.

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Protest gegen das jähe Ende der Vermittlungsmission kam auch aus Paris. Anfang vergangener Woche noch hatte Chávez dort mit seinem Amtskollegen Nicolas Sarkozy über das Schicksal der Politikerin Ingrid Betancourt beraten. Die 46jährige befindet sich seit gut fünfeinhalb Jahren in den Händen der FARC. Die französische Regierung setzt sich für ihre Freilassung ein, weil sie beide Staatsbürgerschaften besitzt. Sarkozy kündigte nun an, Uribe mit einem Brief zur Besinnung bringen zu wollen. Schon in einer ersten Reaktion hatte ein Sprecher des Elysée-Palastes die Vermittlung Chávez’ als "einzig gangbaren Weg" bezeichnet.

Caracas hatte sich am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme "enttäuscht" gezeigt. Venezuelas Regierung sei weiterhin bereit, zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes in Kolumbien beizutragen. Chávez erklärte laut Agenturmeldungen, er habe beim FARC-Chef Manuel Marulanda erneut ein Lebenszeichen von Ingrid Betancourt und der anderen Gefangenen angefordert. "Wir machen auf alle Fälle weiter. Der (Vermittlungs-) Prozess hatte ja schon angefangen, und es gibt Dinge, die man nicht sofort unterbrechen kann", sagte er. Marulanda habe ihm zugesichert, dass die Lebenszeichen übermittelt würden.


Den Originaltext in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.