Tote und Verletzte nach Protesten in Guatemala

Straßenblockade führt zu heftigen Zusammenstößen. Polizei und Militär töten acht friedliche Demonstranten in Totonicapán

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Das Militär ging mit Waffengewalt gegen die Demonstration vor
Das Militär ging mit Waffengewalt gegen die Demonstration vor

Totonicapán, Guatemala. Einheiten der Polizei und des Militärs haben in Guatemala acht Demonstranten getötet und 34 verletzt. Sie hatten am 4. Oktober gegen eine geplante Verfassungsänderung, die verlängerte Ausbildungsdauer für Lehrer im Rahmen einer Bildungsreform und die Erhöhung der Strompreise protestiert. Bei einer Straßenblockade der Interamericana war es zu heftigen Zusammenstößen gekommen.

Die Demonstration der 48 Kantone, der traditionellen politischen Vertretung der Maya K'iche' des Departements Totonicapán, diente zur Unterstützung einer Delegation, welche am gleichen Tag zu einem Treffen mit Präsident Otto Pérez Molina nach Guatemala Stadt gereist war. Sie wollten dort ihre Ablehnung der Reformen deutlich machen.

Während die Delegation aus Totonicapán in Guatemala Stadt darauf wartete, empfangen zu werden, gingen die Sicherheitskräfte gegen die Blockade der interamerikanischen Straße mit einem massiven Aufgebot von Polizei und Militär vor. Die Ursache und der Verlauf der Ereignisse ist nach wie vor unklar. Innenminister Mauricio López Bonilla sagte in einer ersten Stellungnahme, ein bewaffneter Sicherheitsmann eines blockierten Lastwagens habe einen Schuss abgegeben, worauf die Situation außer Kontrolle geraten sei. Die vor Ort präsenten Sicherheitskräfte seien gar nicht bewaffnet gewesen. Nach dem Erscheinen von Pressebildern, die das Gegenteil beweisen, sagte Pérez Molina, dass die Soldaten mit den Waffen bloß in die Luft geschossen hätten.

Inzwischen hat das Nationale Forensische Institut (INACIF) aber festgestellt, dass sechs der acht Toten durch Munition der Galilgewehre umgebracht wurden, die ausschließlich vom Militär benutzt werden. Der offiziellen Darstellung widersprechen auch Berichte von Augenzeugen, die aussagen, dass Polizei und Militär die Gewalt ausgelöst hätten und die Sicherheitskräfte mit großer Brutalität gegen die Protestierenden vorgegangen seien.

In verschiedenen Stellungnahmen haben Vertreter sozialer Bewegungen eine umfassende Untersuchung der Vorfälle durch die Staatsanwaltschaft und das Menschenrechtsprokurat verlangt. Sie betonen, dass der Einsatz des Militärs bei der Auflösung friedlicher Proteste illegal sei und machen die Regierung für die Toten und die Verletzten verantwortlich. Mehrere Organisationen fordern den Rücktritt des Verteidigungs- und des Innenminister sowie des Präsidenten. Auch diplomatische Vertretungen in Guatemala, in den nationalen Medien werden die USA und Israel genannt, äußerten sich besorgt über den Einsatz des Militärs in der öffentlichen Sicherheit und baten die Regierung, diese Regelung zu überprüfen.

Viele Vertreter der Zivilgesellschaft sehen die Ereignisse in Totonicapán als weiteren Beleg dafür, dass die Regierung von Pérez Molina auf Forderungen der Bevölkerung nach Mitbestimmung und sozialer Gerechtigkeit nur mit militärischer Repression reagiert. Das Recht auf Bewegungsfreiheit, so wie es der mächtige Unternehmerverband CACIF immer wieder einfordert, gewichtet sie höher als die Grundrechte auf Nahrung, Bildung und Gesundheit.