Venezuela / Politik

Wahlkampf in Venezuela spitzt sich zu

Vier Parteien verlassen Bündnis von Kandidat Capriles Radonski. Kritik an Wahlprogramm. Opposition macht Regierung verantwortlich

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David de Lima spaltet die Opposition
David de Lima spaltet die Opposition

Caracas. Knapp einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen in Venezuela haben vier Parteien ihre bisherige Unterstützung für den aussichtsreichsten Kandidaten der Opposition, Henrique Capriles Radonski, aufgegeben. Vertreter der Splitterparteien Vota Piedra, Cambio Pana, La tarjeta de la Unidad Democrática und Manos por Venezuela erklärten am Dienstag gegenüber dem Nationalen Wahlrat (CNE) ihr Ausscheiden aus der gemeinsamen Wahlkampfplattform der Opposition.

Leonardo Chirinos von der Partei Vota Piedra rechtfertigte den Schritt gegenüber Medienvertretern mit der zunehmenden Polarisierung des Wahlkampfes durch das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD). Zudem beklagte er den Ausschluss der kleineren Parteien von der strategischen und inhaltlichen Ausrichtung des Wahlkampfes durch die gemeinsame Plattform "Comando Venezuela".

Gleichzeitig äußerte Chirinos Zweifel gegenüber den eigentlichen politischen Absichten des Präsidentschaftskandidaten Capriles Radonski. "Es ist wie in einem Bus zu sitzen, von dem man nicht weiß wohin er fährt", verglich der Vorsitzende von Vota Piedra gegenüber den staatlichen Fernsehsender VTV die Situation innerhalb des oppositionellen Wahlkampfbündnisses. Chirinos machte aber auch deutlich, weiter in Opposition zur aktuellen Regierung zu stehen und seine Wähler nicht von einer Stimmabgabe für den Oppositionskandidaten abhalten zu wollen.

Bereits in der Vorwoche hatten Vertreter der venezolanischen Opposition Kritik an internen Plänen des MUD für den Fall einer Regierungsübernahme geäußert. Der ehemalige Governeur des Bundesstaates Anzoátegui, David de Lima, hatte dabei ein angeblich von Capriles Radonski gezeichnetes wirtschaftliches Positionspapier veröffentlicht. Für den Fall einer Regierungsübernahme durch die Opposition sieht es weitgehende Privatisierungen der Erdölindustrie, Infrastruktur und Gesundheit bei gleichzeitigen massiven Einsparungen bei den Sozialausgaben und Subventionen vor. "So groß auch meine Differenzen mit Präsident Chávez seien mögen, dies werde ich nicht unterstützen", erklärte de Lima in Bezug auf das Positionspapier. Zudem warf er dem Oppositionsbündnis MUD mangelnde interne Diskussionsbereitschaft vor. Die Kandidatur Capriles' sei eine Absprache von vier großen Unternehmerfamilien in Venezuela.

Der Wahlkampfleiter von Capriles, Armando Briquet, erklärte unterdessen, die vier aus dem Bündnis ausgetretenen Parteien hätten bei den letzten Parlamentswahlen zusammen nur 26.000 Stimmen erreicht. "Es geht nicht darum Parteien zu wählen, sondern einen Kandidaten", fügte er hinsichtlich der anstehenden Personenwahl um das Amt des Präsidenten hinzu.

José Gregorio García Urquiola, Mitglied der Splitterpartei Democracia Renovadora, machte am Dienstag David de Lima direkt für den Austritt der vier Parteien aus dem Oppositionsbündnis verantwortlich. Demnach soll de Lima Vertretern kleinerer Oppositionsparteien umgerechnet 200.000 US-Dollar für ihren Austritt aus dem MUD angeboten haben. Auch ihm selbst soll bei einem Treffen mit de Lima in Caracas diese Summe angeboten worden sein, erklärte García Urquiola.

Capriles beschuldigte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter seinen Kontrahenten einen "schmutzigen Krieg" zu führen und unterstellte dabei sogar indirekt eine Verbindung zwischen de Lima und dem Wahlkampfteam um Hugo Chávez: "Diejenigen, die dabei sind die Macht zu verlieren, sind verzweifelt und denken sich Dokumente aus", schrieb er.

Der amtierende Präsident Hugo Chávez wies die Vorwürfe umgehend zurück. Ein Oppositionsbündnis, in dem Unternehmer und Ex-Guerilleros nur durch die Ablehnung seiner Person vereinigt seien, verglich er mit dem Farbkreis des Physikers Isaac Newton: "Es sind dort alle Farben vertreten, aber wenn sie sich bewegen, sieht man nur Weiß".