Baustopp für Belo-Monte-Staudamm aufgehoben

Brasiliens Oberster Gerichtshof lässt Bagger wieder rollen. Indigene protestieren

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Protest gegen Belo Monte vor Voith-Zentrale
Protest gegen Belo Monte vor Voith-Zentrale in Heidenheim am 20. Juni 2012

Brasília. Der Bau des drittgrößten Staudammes der Welt, Belo Monte, am Xingu-Fluss im amazonischen Bundesstaat Pará darf nach einer Gerichtsentscheidung von Montag nach mehrwöchigem Baustopp wieder aufgenommen werden. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs in Brasília, Minister Carlos Ayres Britto, gab damit dem Antrag der Generalbundesanwaltschaft statt. Diese hatte gefordert, dass der von einem Bundesgericht im August verhängte Baustopp aufgehoben wird.

Der Baustopp war verhängt worden, da die vom Staudammbau betroffenen indigenen Gruppen vor Baubeginn nicht angemessen angehört worden waren. Eine solche Beratung fordere aber die brasilianische Verfassung und sie müsse von Brasilien nach der Ratifizierung der ILO-Konvention 169 anberaumt werden, wie das Gericht im August entschieden hatte. Dies sah der vorsitzende Richter am Obersten Gerichtshof am Montag in Brasília anders. Seine Vorgängerin am Obersten Gerichtshof, Ministerin Ellen Gracie, hätte 2007 selbst das Vorgehen zur Befragung der Indigenen festgelegt. Sie habe aus "öffentlichen Erwägungen heraus" dem Nationalkongress zugestanden, eine Entscheidung über den Bau des Staudammes Belo Monte vor der Befragung der betroffenen Indigenen zu treffen.

Am Montag hatten sich während der Sitzung des Obersten Gerichtshofs vor dem Gebäude Dutzende Indigene zusammengefunden, um friedlich für den Baustopp zu demonstrieren. Dabei hielten sie Schilder mit der Aufschrift "Belo Monte: Nein!" in die Höhe.

Belo Monte soll das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt werden. Über 20.000 Menschen sind von Vertreibungen betroffen. Umweltzerstörung, Artenverlust, Menschenrechtsverletzungen und die Ausbreitung von Armut und Krankheiten seien weitere Folgen, sagen Kritiker. Für den Stausee wird Regenwald geflutet und große Mengen von Treibhausgasen werden freigesetzt. Indigene Fischergemeinschaften sind durch den Verlust ihrer Nahrungsquelle und Transportwege bedroht.

Belo Monte wird von dem brasilianischen Konsortium Norte Energia gebaut. An dem Projekt sind auch eine Reihe europäischer Konzerne beteiligt. Während Daimler die LKW für das Bauprojekt liefert, ist das Familienunternehmen Voith über das Joint-Venture mit Siemens, Voith Hydro, Teil des europäischen Konsortiums, das die elektromechanische Ausrüstung für den Belo-Monte-Staudamm liefern wird. Allein das Auftragsvolumen für Voith Hydro liegt bei rund 443 Millionen Euro. Die französische Alstom ist ebenso wie die österreichische Andritz AG Teil dieses Konsortiums. Die Münchener Rück hat 25 Prozent der Rückversicherung an Belo Monte übernommen und erhält dafür rund 40 Millionen Reais an Prämien über einen Zeitraum von vier Jahren.