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Berlin drängt auf EU-Sanktionen gegen Nicaragua

Forderung konservativer Regierungen sorgt für Debatten in Brüssel. Bewaffnete Gruppe ermordet indes Funktionär der regierenden FSLN

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CSE - die Wahlbehörde Nicaraguas
CSE - die Wahlbehörde Nicaraguas

Brüssel/Managua. Auch gut einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua sind sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen

Union uneins über das Vorgehen gegenüber der Regierung unter Präsident Daniel Ortega.

Nach Informationen aus diplomatischen Kreisen in Brüssel drängten Vertreter der Bundesregierung bei einer Beratung der Lateinamerika-Arbeitsgruppe des Europäischen Rates auf gemeinsame Sanktionen der EU gegen Nicaragua. Spanien versuchte indes, den Konflikt zu entschärfen.

Bei den Wahlen am 6. November hatten sich der regierende Präsident Daniel Ortega und seine Partei FSLN durchgesetzt. Die Opposition wirft der linksgerichteten Regierung indes Wahlbetrug vor. Auch die EU-Wahlbeobachtungsmission bestätigte gegenüber den Lateinamerika-Beauftragten der Mitgliedsstaaten einige der Vorwürfe, ohne aber von einer Fälschung der Wahlen zu sprechen. Es habe einen Mangel an Transparenz gegeben, heißt es in einem internen Dokument, das amerika21.de vorliegt. Auch der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) der EU teilte die Einschätzung der Wahlbeobachter.

Nach Informationen aus Brüssel wollen der EAD und die deutsche Delegation Nicaragua mit der Einstellung der Entwicklungszusammenarbeit  drohen, sollten "demokratische Prinzipien" nicht eingehalten werden. Neben Deutschland drängt derzeit vor allem Tschechien auf Strafmaßnahmen gegen die Ortega-Regierung.

Neben Vertretern der portugiesischen Regierung versuchten zuletzt vor allem spanischen EU-Diplomaten, eine Eskalation zu vermeiden. Nach Auskunft eines EU-Funktionärs, der namentlich nicht genannt werden wollte, wiesen sie darauf hin, dass die EU-Beobachter von Nicaragua immerhin eingeladen wurden. Zudem sei der Wahlsieg Ortegas in allen Prognosen vorausgesagt worden. Trotz der Unregelmäßigkeiten habe kein Wahlbetrug vorgelegen, hieß es von Seiten der spanischen Delegation bei einer Arbeitssitzung Mitte November.

In dem mittelamerikanischen Land fühlen sich durch die Kritik aus dem Ausland offenbar bewaffnete Gruppen ermutigt, gegen die Regierung aktiv zu werden. Rund einen Monat nach den Wahlen ist im Norden Nicaraguas ein Funktionär der Regierungspartei FSLN dem Anschein nach aus politischen Gründen ermordet worden. Eine bislang unbekannte bewaffnete Gruppierung, mit dem Namen Demokratische Küstenfront 380 (Frente Democrático Costeño 380, FDC 380) übernahm die Verantwortung für die Tat.

Dabei werfen die mutmaßlichen Mörder der Regierung Ortega den "Raub der Wahlen" vor, informierten die Polizeibehörden in der Hauptstadt Managua. Acht schwer bewaffnete Männer hatten den Wohnort von García Hernández gestürmt und den 43-jährigen Politiker verschleppt. Wenig später wurde García Hernández mit elf Einschüssen tot auf einer Straße gefunden. Neben der Leiche hinterließen die mutmaßlichen Mörder nach Angaben der Tageszeitung El Nuevo Diario eine Nachricht an einer Mauer: "Gott, Vaterland, Demokratie und Freiheit oder Tod". Und: "Dies sind die Resultate der gestohlenen Wahlen."