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Tabaré Vázquez zieht sich aus Politik zurück

Ex-Präsident Uruguays reagiert auf Kritik an seinen Äußerungen über einen potentiellen "bewaffneten Konflikt" mit Argentinien

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Vázquez und der damalige US-Präsident Bush
Vázquez und der damalige US-Präsident Bush bei einem Treffen im Weißen Haus im Jahr 2006

Montevideo. Zwei Tage nach einem viel kritisierten Vortrag hat der ehemalige uruguayische Präsident Tabaré Vázquez radikale Konsequenzen gezogen und überraschend angekündigt, sich ganz aus der Politik zurückziehen zu wollen. "Meine Äußerungen waren unangebracht", erklärte Vázquez am vergangenen Donnerstag, "sie können dem politischen Ruf der Frente Amplio Schaden zufügen".

Damit beerdigte der Politiker des Linksbündnisses Frente Amplio auch drastisch seine Ambitionen auf eine Wiederwahl 2014. Eine erneute Kandidatur von Vázquez, der bereits von 2005 bis 2010 das oberste Staatsamt in Uruguay bekleidete, galt als sicher. Bei den Wahlen 2009 konnte er aus wahlrechtlichen Gründen als Amtsinhaber nicht direkt noch einmal kandidieren. Sein Parteigenosse José "Pepe" Mujica trat seine Nachfolge an.

Die Parteiführung und die Parteibasis der Frente Amplio reagierten schockiert auf die Ankündigung von Vázquez. Ein erster Versuch des Vorstandes, Vázquez im persönlichen Gespräch umzustimmen, scheiterte, weil er sich vorerst auf sein Landhaus zurückgezogen hat. Beim am Wochenende stattgefundenen Parteitag der Kommunistischen Partei, die Mitglied im Linksbündnis ist, sagte Vázquez seine geplante Teilnahme ab.

Auslöser der heftigen Kritik an Tabaré Vázquez war sein Vortrag in einer Schule Anfang der vergangenen Woche. Dabei erklärte er unter Bezug auf den 2005 aufgekommenen Zellulose-Konflikt mit dem Nachbarland Argentinien: "Wir haben uns alle Szenarien vorgestellt: von keinen weiteren Konsequenzen bis hin zu einem bewaffneten Konflikt." Er habe sich damals mit den Oberkommandierenden der Armee beraten und eine mögliche Auseinandersetzung analysiert: "Der Luftwaffenchef erklärte, wir haben fünf einsatzfähige Flugzeuge und Treibstoff für 24 Stunden."

Außerdem gestand Vázquez ein, auf einer USA-Reise darum gebeten zu haben, dass der damalige US-Präsidenten George W. Bush Uruguay öffentlich zu einem "befreundeten Land" erklärt. Das habe damals zur Beschwichtigung beigetragen, so Vázquez, der als erster Staatspräsident des Linksbündnisses Frente Amplio in die Geschichte eingegangen war.

Anschließend wurde der 71-Jährige von Oppositionellen aber auch aus dem Regierungslager sowohl wegen des "Hilferufs" ausgerechnet an die USA, als auch für die kriegerischen Erwägungen kritisiert. Die Präsidentin des uruguayischen Abgeordnetenhauses, Lucía Topolansky, die zuvor noch öffentlich geliebäugelt hatte, 2014 als Vázquez' Vizekandidatin anzutreten, sah "Erklärungsbedarf" und sagte, als damalige Abgeordnete des Regierungslagers nichts von solchen Plänen gewusst zu haben. Fast noch versöhnlich zeigte sich Luis Alberto Lacalle, Ex-Präsident und Parteichef der Partido Nacional, der stärksten Oppositionspartei: "Während einer Präsidentschaft erlebt man eine Reihe von Dingen, die man sich lieber für einige Jahre aufheben sollte."

Auch von argentinischer Seite hagelte es Kritik: "Wir haben eine bewaffnete Auseinandersetzung nie in Erwägung gezogen, das passt in keinen argentinischen Kopf und ich möchte glauben, auch in keinen uruguayischen", so Alberto Fernández, der damalige argentinische Kabinettschef gegenüber dem uruguayischen Radiosender Carve.

In einer Erklärung vom vergangenen Donnerstag gestand Vázquez ein, im Glauben an inzwischen versöhnliche bilaterale Beziehungen zum Nachbarland die Auswirkungen seiner Äußerungen unterschätzt zu haben. Hintergrund ist ein inzwischen beigelegter heftiger Streit zwischen Argentinien und Uruguay während seiner Amtszeit. Argentinische Umweltaktivisten besetzten aus Protest über die Umweltverschmutzung durch eine uruguayische Zellulosefabrik im gemeinsamen Grenzfluss über Jahre hinweg und unter Duldung der argentinischen Regierung die Grenzübergänge. Erst mit dem 2010 erfolgten Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag (amerika21.de berichtete) beschwichtigte sich der Konflikt. In Folge der Streitigkeiten mit dem ehemaligen argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner, hatte Vázquez 2008 gegen dessen Wahl zum Vorsitzenden des südamerikanischen Staatenbundes UNASUR gestimmt.

Die amtierenden Regierungsoberhäupter von Uruguay und Argentinien, José Mujica und Kirchners Witwe Cristina Fernández einigten sich unterdessen darauf, dem Vorfall keine Bedeutung beizumessen. Seit der Amtsübernahme durch Mujica 2010 hatte sich das argentinisch-uruguayische Verhältnis deutlich gebessert.