Bolivien: Streik gegen Polizeiaktion

Gewerkschafter tragen Protest auf die Straße. Innenminister geht und weist Verantwortung zurück. Präsident ernennt neue Ressortchefs

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Protestmarsch in La Paz
Der Gewerkschaftsverband protestierte gestern in Bolivien gegen die Polizeiaktion vom Sonntag

La Paz. Der vom bolivianischen Gewerkschaftsdachverband COB ausgerufene Generalstreik hat am gestrigen Mittwoch für Einschränkungen im öffentlichen Leben

des südamerikanischen Landes geführt. Zwar kam es nicht zum Erliegen, aber beispielsweise in den Krankenhäusern konnte nur ein Notbetrieb gewährleistet werden.

Die Gewerkschafter protestierten mit dem Streik gegen einen Polizeieinsatz gegen Demonstranten. Am Sonntag war der Protestmarsch von hunderten Indigenen gegen die umstrittene Straße durch das "Indigene Territorium Nationalpark Isiboro Sécure" (TIPNIS) gewaltsam aufgelöst worden. Arbeitsminister Daniel Santalla wies den Streik zurück. Denn nachdem Boliviens Präsident Evo Morales am Montag den Straßenbau gestoppt habe, gebe es keinen Anlass mehr.

Die Demonstranten, die beispielsweise aus El Alto nach La Paz marschierten, skandierten nach Augenzeugenberichten gegenüber amerika21.de unter Anderem "Era campesino, ahora asesino! " (Er [Morales, d.Red.] war Campesino, jetzt ist er ein Mörder!). Die anwesenden Polizisten wurden aufgerufen, sich an dem Zug zu beteiligen. Nicht nur am Regierungssitz La Paz sondern im ganzen Land folgten Gewerkschafter den Aufrufen zu Protesten.

Unterdessen hat Präsident Evo Morales kurz nach dem Rücktritt von Innenminister Sacha Llorenti am Dienstagabend (Ortszeit) zwei neue Minister ernannt. Wie bereits am Montag die Verteidigungsministerin trat auch Llorenti in der Folge der gewaltsamen Auflösung des Protestmarsches indigener Gruppen zurück. Während die Ministerin jedoch aus Protest ihr Amt aufgab, wird Llorenti für die Polizeiaktion vom vergangenen Sonntag zumindest mitverantwortlich gemacht.

Mit dem Rücktritt von Llorenti verliert Morales zumindest vorerst ein politisches Schwergewicht im Kabinett. Vor seinem Amtsantritt als Innenminister war Llorenti im Kabinett für den Kontakt zu den sozialen Bewegungen verantwortlich. Morales dankte ihm bei der Verabschiedung für seine Arbeit seit 2006, bei der sich der zurückgetretene Minister auch oft Kritik von den Bewegungen zugezogen hatte.

"Ich verlasse das Schiff nicht, weil es sinkt, sondern im Gegenteil", sagte Llorenti bei seiner Demission. "Ich trete beiseite mit dem demütigen Ziel, dass das Schiff des revolutionären Prozesses schneller voran kommt". Er bestritt die Verantwortung für die breit kritisierte Polizeiaktion und verwies auf den stellvertretenden Innenminister Marcos Farfan, der am Dienstag ebenfalls zurückgetreten war. Aber auch dieser wies die konkrete Verantwortung zurück.

Neuer Innenminister wird ein enger Vertrauter von Morales, Wilfredo Chávez, der zuvor als stellvertretender Minister für Regierungskoordination amtierte. Rubén Saavedra beerbt seine vormals eigene Nachfolgerin Cecilia Chacón als Verteidigungsminister. Saavada hatte den Posten bereits bis zum April dieses Jahres inne, bevor er an die Spitze der Kommission für einen bolivianischen Zugang zum Pazifik berufen wurde. "Es ist für uns ein Privileg, dem bolivianischen Volk in dieser Phase des Wandels zu dienen", sagte Saavada bei der Ernennungszeremonie auch im Namen seines Kollegen.