Bildungsproteste in Chile nehmen wieder zu

Rund 200.000 Teilnehmer bei Bildungsstreik am 14. Juli. Demonstration in Santiago durch Wasserwerfer- und Tränengas aufgelöst

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Studierendenprotest in Chile
Studierendenprotest in Chile

Santiago de Chile. Die massiven Bildungsproteste in Chile gehen auch nach zwei Monaten kontinuierlicher Mobilisierung weiter. Zum eintägigen Bildungsstreik am vergangenen Donnerstag, zu dem Studierenden- und Schülerverbände sowie die Lehrervereinigung aufgerufen hatte, gingen in ganz Chile erneut 200.000 Menschen für bessere Bildung auf die Straße. In der Hauptstadt Santiago nahmen nach Angaben der Veranstalter 150.000 Demonstranten an dem Protestmarsch teil, der mit Kostümen, Musik und Tänzen einen kreativen Charakter hatte und breite Unterstützung fand.

Angehörige von betroffenen Jugendlichen, Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen, Kupferarbeiter, verschiedene Gewerkschaften, etwa der Banken und des öffentlichem Dienstes, und andere gesellschaftliche Gruppen begleiteten den Demonstrationszug. Die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter des Verkehrsbetriebs Transantiago unterbrachen – wie auch die chilenischen Hafenarbeiter – aus Solidarität für zwei Stunden ihre Arbeit.

Obgleich die zuständigen Behörden im Vorfeld keine Erlaubnis erteilt hatten, die Demonstration an der zentralen Plaza Italia beginnen und dann über die Hauptverkehrsader (Alameda) ziehen zu lassen, hielten die Veranstalter an der Rute fest und weigerten sich, den Auftakt an einen Ort außerhab der Innenstadt zu verlegen. Angesichts der Masse an Demonstranten musste der Polizeichef den Demonstrationszug laufen lassen.

Eine halbe Stunde vor dem geplanten Ende des Protests beendeten Einheiten der Carabineros die Veranstaltung jedoch gewaltsam: Der massive Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas trieb die Menge auseinander und löste damit die Abschlusskundgebung auf. In ein seit Wochen besetztes Gebäude der Universität von Chile wurde zur gleichen Zeit massiv Tränengas geschossen.

Die Regierung bezeichnet den Bildungsprotest ihrerseits als "gewaltsam". So behauptete Regierungssprecherin Ena von Baer gegenüber dem Nachrichtensender Canal 13, die Demonstrationen würden "immer in Gewalt enden". Von Baer sagte zudem, dass die Protestbewegung trotz hunderttausender Demonstranten "wenig Stärke" habe. Präsident Sebastián Piñera erklärte indes, dass "der Moment gekommen ist, die Gewalt und die Besetzungen, die soviel Zerstörung und Schaden verursacht haben, zu beenden". Man müsse nun den Weg des Dialogs beschreiten.

Die rechtskonservative Regierung von Piñera hatte bereits vor Wochen inmitten der Proteste ein Bildungspaket als "Große Nationale Bildungsvereinbarung" (GANE) ankündigt. Die Vorschläge werden jedoch von allen protestierenden Gruppen als unzureichend abgelehnt und sogar als Affront bezeichnet. Zentraler Kritikpunkt ist, dass die Gewinnorientierung der staatlichen Universitäten, die trotz gesetzlichen Verbots gängige Praxis ist, legalisiert werden soll.

Trotz Sanktionsandrohung der Regierung betonten Vertreter der Studierenden- und Schülerverbände, dass die Proteste weiter aufrechterhalten werden, bis die Regierung sich zu einer grundlegenden Reform des Bildungssystems bereit erklärt.