Guatemala / Politik

Colom spricht von "Genozid"

Präsident Guatemalas übernimmt Verantwortung für Völkermord und bittet Überlebende um Verzeihung

Guatemala. Präsident Álvaro Colom übernimmt im Namen des guatemaltekischen Staates erstmals die Verantwortung für die Staatsverbrechen während des Bürgerkrieges. In einer am Montag verbreiten Erklärung bittet Colom die Familien der Überlebenden um Verzeihung. Während des Bürgerkrieges in dem mittelamerikanischen Land wurden annähernd 200.000 Menschen Opfer der staatlichen Aufstandsbekämpfung.

"Nach Jahren der Teilnahmslosigkeit bitte ich Sie im Namen des Staates um Verzeihung für die Qualen und den Schmerz, verursacht während des internen bewaffneten Konfliktes." erklärte der Regierungschef. Gegenwärtig plant die Regierung ein Programm, das Opfer des Bürgerkrieges auch finanziell entschädigen soll. Bisher sind über tausend Familien als Betroffene gemeldet.

Der Bürgerkrieg begann 1960, kurz nachdem die Regierung Arbenz in einem von den USA unterstützen Putsch gestürzt worden war. Arbenz hatte versucht, einen Teil des Besitzes der United Fruit Company im Zuge einer Agrarreform zu enteignen. Seit Ende der 1970er bekämpfte die damalige Militärregierung die in der URNG organisierten Aufständischen durch einen breit angelegten Krieg gegen die Zivilbevölkerung.

Die UNO machte in einem Bericht die guatemaltekischen Streitkräfte für 93 Prozent der begangenen Verbrechen verantwortlich, in vier Prozent der Fälle  konnte die Verantwortung nicht mehr nachvollzogen werden und für drei Prozent wurden die Aufständischen verantwortlich gemacht. Da es sich bei den Opfern größtenteils um Angehörige der Maya-Bevölkerung handelt, stuften Völkerrechtler das Vorgehen des Staates als Völkermord ein.

Dieser Einschätzung schließt sich nun erstmalig auch ein guatemaltekischer Präsident an: Colom räumt in seinem Brief ein, dass damals ein Genozid stattfand. Politische, religiöse und indigene Führungspersönlichkeiten seinen "systematisch zerstört" worden.