Erfolg gegen Kokainhandel in Venezuela

Venezolanische Nationalgarde stellt vier Tonnen Kokain sicher. Kontroversen um Statistiken zu Mordfällen gehen weiter

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Drogenfund im April dieses Jahres in Venezuela
Drogenfund im April dieses Jahres in Venezuela

Caracas. Im von Sicherheitsthemen bestimmten Wahlkampf hat die venezolanische Nationalgarde am Donnerstag im Bundesstaat Guarico vier Tonnen Kokain sichergestellt. Nach Angaben von Innenminister Tareck Al Aissami war dies der größte Drogenfund in den letzten vier Jahren. Den entscheidenden Hinweis hätte die nationale Flugsicherheitsbehörde (CODAI) gegeben. Ein Kleinflugzeug habe sich ohne Flugerlaubnis im venezolanischen Luftraum bewegt. Nach Aussagen von CODAI sei das Flugzeug aus Honduras gekommen.

Obwohl Venezuela bereits 2005 seine Zusammenarbeit mit der US-Drogenbehörde (DEA) aufgrund von Spionagevorwürfen aufgekündigt hatte, wird das Land im World-Drug-Report 2010 der Vereinten Nationen als Nation mit der weltweit höchsten Menge an sichergestellten Drogen (34 Tonnen im Jahr 2008) hervorgehoben. Nach Angaben des venezolanischen Innenministeriums wurden 2008 sogar 54 Tonnen und im Folgejahr 2009 rund 60 Tonnen Rauschmttel sichergestellt.

Am Mittwoch gab Al Aissami bekannt, dass seit Januar dieses Jahres alleine 47 Tonnen Kokain von venezolanischen Sicherheitsbehörden sichergestellt wurden. Die weltweite Exportmenge der  Produktionsländer Kolumbien, Bolivien und Peru beträgt rund 500 Tonnen jährlich.

Laut Weltdrogenbericht der Vereinten Nationen ist Venezuela in den letzten Jahren zum wichtigsten Durchgangsland für Kokainexporte, vor allem Richtung Europäische Union aufgestiegen. Während Kolumbien, Bolivien und Peru weiterhin Produktion und Verarbeitung unter sich ausmachen, sei die für Venezuela dramatische Veränderung von Handelsrouten laut dem Bericht auch im Zusammenhang mit der in der letzten Dekade veränderten Drogenpolitik des Nachbarlandes Kolumbien zu sehen. Zudem habe sich der Kokainkonsum in den USA im Laufe der letzten beiden Dekaden massiv verringert, während die Europäische Union, vor allem Spanien und Großbritannien einen konstanten Zuwachs der Konsummenge zu verzeichnen hatten. Somit würden die Drogenrouten nach Europa und damit Venezuela mit seinem direkten Zugang zum Atlantik an Bedeutung für den internationalen Kokainhandel gewinnen.

51 Prozent des weltweiten Kokainhandels passierte 2008 venezolanisches Territorium. 67 Prozent aller Kokainexporte über den Atlantik starteten von der venezolanischen Küste. Zudem geht der Bericht davon aus, dass von versteckten Flugpisten auf venezolanischem Territorium Kleinflugzeuge in Richtung Honduras und Westafrika Kokain transportieren und dabei in den letzten Jahren neue Drogenrouten entstanden sind.

Im dritten Abschnitt des aktuellen Drogenberichts der UN wird zudem der massive Anstieg von Gewaltverbrechen in Venezuela mit der Drogenpolitik Kolumbiens und der Entwaffnung Paramilitärischer Gruppen seit 2003 in Zusammenhang gestellt. Seitdem habe sich die Mordrate in Venezuela verdoppelt und befinde sich auf dem Stand der 1960er Jahre.

Mit der Zahl von 16.000 Mordopfern bezieht sich der Bericht auf Zahlen der Nichtregierungsorganisation Observatorio Venezolano de Violencia die in den letzten Wochen in Venezuela zu einer kontroversen Diskussion über die öffentliche Sicherheit geführt hatte. Bis heute hat die NGO keine Auskunft darüber erteilt wie sie ihre Zahlen berechnet. Laut der Nachrichtenagentur Reuters liegt die von den Polizeibehörden in Venezuela veröffentlichte Zahl bei 3000 Mordfällen pro Jahr. Die venezolanische Tageszeitung El Nacional hatte daraufhin einen angeblich bisher unveröffentlichten Regierungsbericht mit der Zahl von 19.113 Mordopfern für das Jahr 2009 zitiert und dabei der Regierung im aktuellem Wahlkampf Unfähigkeit bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit vorgeworfen. Ausgelöst hatte die Diskussion über die hohen Mordraten in Venezuela die US-amerikanische Tageszeitung New York Times mit Zahlen der umstrittenen NGO Iraq Body Count, nach der Venezuela eine höhere Mordrate als der Irak aufweise.