Venezuela / Politik

Klerus im Clinch mit Chávez

Politische Aussagen des Erzbischofs von Caracas heizen Konflikt zwischen Regierung und Kirche in Venezuela an

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Kardinal Jorge Urosa Savino
Weiter gegen Chávez: Der Erzbischof von Caracas, Kardinal Jorge Urosa Savino

Caracas. Ein Schlagabtausch zwischen dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und der oppositionsnahen Venezolanischen Bischofskonferenz (CEV) hat in dem überwiegend katholischen Land eine erhitzte öffentliche Debatte über die Trennung von Staat und Kirche ausgelöst.

Vergangene Woche sprach Kardinal Jorge Urosa Savino, bekannt als heftiger Kritiker von Chávez' Politik, in einem Rundfunksender in Rom und beschuldigte Präsident Hugo Chávez, das Land in eine "marxistisch-kommunistische Diktatur" nach dem "ausländischem Beispiel" der ehemaligen Sowjetunion zu führen. Urosa behauptete, die von Abgeordneten aus Chávez' Partei PSUV dominierte Nationalversammlung habe die Verfassung verletzt, da sie Gesetze aus der Verfassungsreform verabschiedet habe, die 2007 in einem Referendum abgelehnt wurde. Der Erzbischof von Caracas behauptete außerdem, Chávez habe eine "gewalttätige, ausschließlich totalitäre Tendenz" und nutze "seine Macht aus, um die Venezolaner, die nicht mit seinem politischen System einverstanden sind, zu diskreditieren, zu beschuldigen, anzugreifen und zu beleidigen."

Am vergangenen Sonntag antwortete Chávez in seiner wöchentlichen Kolumne und beschuldigte Urosa und die CEV, durch ihr ständiges Eingreifen ins politische Geschehen die Rolle der Kirche zu überschreiten. "Es widerspricht unserer Verfassung, wenn Urosa und die CEV es nicht schaffen, den säkularen Charakter unseres Staates anzuerkennen und zusammen versuchen, sich als Staatsmacht darzustellen", schrieb Chávez.

Der Präsident beschuldigte Urosa auch der Unterstützung an dem Miltärputsch im April 2002, der ihn vorübergehend seines Amtes enthoben hatte. Zum Beweis führte Chávez einen Zeitungsartikel vom 12. April 2002 an. Darin erklärte der Kardinal seine Unterstützung für den Putsch und seine Anerkennung für die oppositionsnahen Medien, die - wie man später herausfand - die Nachrichten vorsätzlich beeinflussten, um den Putsch zu rechtfertigen.

Chávez ist bekennender Christ, Jesus bezeichnet er als einen Revolutionär. Die sozialen und politischen Reformen, die seine Regierung angestoßen hat, beruhen seiner Ansicht nach auf einer Mischung aus Christentum, Marxismus und den Ideen venezolanischer Unabhängigkeitskämpfer.

"Wir schreiten voran zur umfassenden Demokratisierung, die wir den Bolivarianischen Sozialismus nennen und deren ursprüngliches Ziel darin besteht, dem Volk die Macht zu geben, so dass es sein eigenes Schicksal in die Hand nehmen kann. Der Marxismus ist für uns ein Werkzeug, das uns hilft, die Menschheit, die Gesellschaft, und die Geschichte zu verstehen, und nicht ein Dogma oder eine Vorschrift", schrieb Chávez.

Der Schlagabtausch zwischen Chávez und Urosa setzte eine Reihe von Erklärungen von Vertretern der Regierung, der Opposition, und der katholischen Kirche in Gang, die sich entweder für die eine oder die andere Seite des Konflikts aussprachen. Die offizielle Stellungnahme der CEV am Montag war gefüllt mit politischen Forderungen und Angriffen auf Chávez und die Nationalversammlung.

Der venezolanische Minister für Kultur, Farruco Sesto, sagte, die Mitglieder der CEV seien Teil einer "Kirchenhierarchie, die von niemandem gewählt wurde" und würden daher nicht die Werte der Demokratie, des Christentums oder seiner Anhänger vertreten. "Während das Christentum Liebe, Frieden und das Verständnis unter den Völkern predigt, stellt Urosa sich an die Seite der Reichen und Mächtigen dieser Erde.", so Sesto in einer Pressekonferenz am Sonntag. "In vielen unserer Länder war die obere Ebene der Kirchenhierarchie an Staatsstreichen und blutigen Diktaturen beteiligt, sie segnen die Mörder und die Folterer", fuhr er fort.

In einer Stellungnahme des obersten Gerichtshofs hieß es, die Mitglieder der CEV seien zwar frei in der Ausübung ihrer Religion, müssten aber die Glaubenssache von ungerechtfertigter Einmischung in politische Angelegenheiten trennen.

Verteidigend sagte der CEV-Vertreter Jesus Gonzales: "es gibt nur eine, vereinigte Kirche" und beschuldigte Präsident Chávez alles, was nicht mit seiner Denkweise übereinstimme als einen persönlichen Angriff zu werten.

Julio Borges, nationaler Koordinator der rechtspopulistischen Oppositionspartei Primero Justicia, stelle sich hinter Urosa's Beschuldigungen. Er sagte, Chávez versuche "die Bevölkerung zu betrügen" in dem er sich "in einem Schaafsfell" verberge, um das wirtschaftliche und politische Modell Kubas in Venezuela einzuführen.