Mexiko-Stadt. Das mexikanische Parlament hat eine Reform des Arbeitsgesetzes angenommen. Der Gesetzentwurf reguliert informelle Arbeitsbeziehungen. Formen von Leiharbeit und befristete Beschäftigung werden vereinfacht sowie die bisher in Mexiko unübliche stundenweise Entlohnung eingeführt. Außerdem soll die Dauer der Probezeit ausgeweitet werden. Die Initiative zur Neufassung des Gesetzes geht auf den scheidenden Präsidenten Felipe Calderón (PAN) zurück. Es wird aber auch von der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) des zukünftigen Präsidenten Enrique Peña Nieto unterstützt.
Gewerkschaften und Opposition kritisieren den Gesetzentwurf als neoliberale Reform mit dem Ziel, die Lohnkosten weiter zu senken und den arbeitsrechtlichen Schutz der Beschäftigen auszuhöhlen. Nach Aussagen des Anwalts und Experten für Arbeitsrecht Rodrigo Olvera verstößt die Reform gegen mindestens 28 Regelungen und Bestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen. Nach Angaben der ILO befinden sich bereits fast 62 Prozent der mexikanischen Beschäftigten in ungeregelten Arbeitsverhältnissen. Etwa 30 Millionen Mexikaner müssen ohne Sozialversicherung und Sozialleistungen auskommen, während über 14 Millionen Menschen nicht einmal einen Arbeitsvertrag haben.
In verschiedenen Teilen des Landes kam es in der vergangenen Woche zu Protesten der Gewerkschaften, an denen sich auch Anhänger der Studierendenbewegung "Yo soy 132" beteiligten. Vor dem Parlament in der mexikanischen Hauptstadt versuchten Beschäftigte und Studierende die Teilnahme von Abgeordneten an der Beratung zu verhindern. Auch die sozialliberale Oppositionspartei PRD lehnt den Gesetzentwurf ab und präsentierte am Freitag einen eigenen Entwurf zur Reform des Arbeitsrechts. Darin werden unter anderem die Einführung der 40-Stunden-Woche und ein landesweiter Mindestlohn vorgeschlagen.
Die christlich-konservative PAN und die am 1. Dezember die Präsidentschaft übernehmende PRI scheinen derweil allerdings nur noch über Details zu verhandeln und können auch ohne die Stimmen der PRD die von ihnen gewünschten Änderungen beschließen. Am 3. Oktober muss das Gesetz von der zweiten Kammer, dem Senat, beschlossen werden. Für die kommenden Tage rufen Gewerkschaften und Studierende zu weiteren Protesten auf. Organisationen der Studierenden riefen dazu auf, ab dem 2. Oktober den Hochschulbetrieb an ihren Fachbereichen stillzulegen. Neben der Kritik am neuen Arbeitsgesetz soll dabei auch an den Jahrestag des vom mexikanischen Militär 1968 verübten Massakers von Tlatelolco gedacht werden.