Venezuela / Kuba

Vom Helden zum Verräter?

Das antikubanische Exil zeichnet venezolanischen Exgeneral und Chávez-Befreier Raúl Baduel aus

Sechs Jahre ist es her, dass am 11. April 2002 eine Allianz aus rechten Militärs, Politikern und Kirchenoberen gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez putschte. Nach drei Tagen war der Staatsstreich gescheitert. Die Massendemonstrationen in den Großstädten des Landes bewegten die loyalen Militärs, die Putschregierung nicht anzuerkennen. Sie forderten die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und Chávez" Freilassung.

Den militärischen Widerstand gegen die Putschisten führte der Fallschirmjägergeneral Raúl Baduel an. Seine Männer befreiten den Präsidenten und brachten ihn zurück in Amt und Würden. Der General wurde zum Nationalhelden. Eine Gedenkfeier ohne ihn war undenkbar - bis jetzt.

Am Samstag fehlte der ehemalige Verteidigungsminister auf der Tribüne, als die Venezolaner den "Tag der Rettung der Nationalen Würde" mit einem Vorbeimarsch von Militärs und Zivilisten begingen. Präsident Chávez trug das rote Barett der Fallschirmjäger und sagte: "Wir, Soldaten und Volk, sind heute stärker miteinander verbunden denn je, um dem Imperium zu sagen, dass Venezuela frei ist und niemals mehr die Kolonie von irgend jemandem sein wird". Die Botschaft ging auch direkt in die USA, wo sich gerade Chávez" ehemaliger Kamerad und Weggefährte Baduel aufhielt. Dort erhielt der tiefgläubige Berufssoldat und Absolvent der berüchtigten US-amerikanischen "School of the Americas" von seinen neuen Freunden des antikubanischen Exils den Preis "Paladín de la Libertad" (Treuer Gefolgsmann der Freiheit).

Die Veranstalter gehören der kubanischen Exilpartei Partido Nacionalista Democrático (PND) an, berichtete der kanadische Journalist Jean-Guy Allard vorab im venezolanischen Staatssender VTV. Der PND werden Verbindungen zum US-Geheimdienst CIA nachgesagt. Sie setzt sich auch für Verbrecher wie Luis Posada Carriles und Orlando Bosch ein, die von Venezuela und Kuba wegen Mordes an über 73 Personen gesucht werden. Die beiden CIA-Agenten brachten 1976 mit einer an Bord versteckten Bombe eine kubanische Passagiermaschine auf ihrem Flug von Caracas nach Havanna zum Absturz. Der venezolanische Militär Baduel fand Aufnahme in den elitären Club, nachdem er im November 2007 die von Chávez geplante Verfassungsreform einen "Staatsstreich" nannte und öffentlich dazu aufrief, mit "Nein" zu stimmen.

In Caracas hat Iris Varela, Vizepräsidentin des Innenpolitischen Ausschusses der Nationalversammlung, den Verdacht geäußert, der Exgeneral habe 1,3 Millionen US-Dollar von der National Endowment for Democracy (NED), einer Vorfeldorganisation der US-Außenpolitik, erhalten. Die NED hat mehrfach venezolanische Parteien finanziell unterstützt und damit gegen Gesetze verstoßen. Varela kündigte eine Untersuchung an.

Da die antichavistische Opposition weiterhin tief zerstritten ist, könnte Baduel die Rolle zukommen, diese zu einen. Im November finden die Bürgermeister- und Gouverneurswahlen statt. Oder aber er plant mit den noch flüchtigen Putschgeneralen von 2002 einen neuen Staatsstreich.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.