Kuba / Politik

"Es wurde Zeit, dass ich hier im Namen von Kuba spreche"

Ansprache des kubanischen Präsidenten Raúl Castro beim 7. Amerikagipfel in Panama am 10. April 2015

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Kubas Präsident Raúl Castro bei seiner Ansprache
Kubas Präsident Raúl Castro bei seiner Ansprache

Es wurde Zeit, dass ich hier im Namen von Kuba spreche. Erst wurde mir gesagt, ich könne eine achtminütige Rede halten.

Ich habe mich zwar zusammen mit meinem Außenminister sehr bemüht, sie auf acht Minuten zu reduzieren, aber da man mir ja sechs Gipfel schuldet, von denen man uns ausgeschlossen hat, 6 mal 8 macht 48 (Lachen und Beifall), habe ich Präsident Varela wenige Augenblicke vor Eintritt in diesen prächtigen Saal gebeten, mir ein paar Minuten mehr zu gewähren, vor allem nach so vielen interessanten Vorträgen, die wir hier gehört haben, und ich meine nicht nur den von Präsident Obama, sondern auch den des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, den von Präsidentin Dilma Rousseff und andere.

Ohne weitere Umschweife will ich nun beginnen. Eure Exzellenz Juan Carlos Varela, Präsident der Republik Panama, Präsidentinnen und Präsidenten, Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, verehrte Gäste, an erster Stelle möchte ich Präsidentin Bachelet und dem chilenischen Volk angesichts der Naturkatastrophen, die sie erlitten haben, unsere Solidarität aussprechen.

Ich danke allen Ländern Lateinamerikas und der Karibik für die Solidarität, die es möglich gemacht hat, dass Kuba gleichberechtigt an diesem kontinentalen Forum teilnimmt, und dem Präsidenten der Republik Panama für die Einladung, die er uns so freundlich erteilt hat. Ich überbringe eine brüderliche Umarmung für das panamaische Volk und alle hier vertretenen Nationen.

Die Gründung der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) am 2. und 3. Dezember 2011 in Caracas leitete eine neue Ära in der Geschichte Unseres Amerikas ein, das auf sein hart verdientes Recht pochte, in Frieden zu leben und sich gemäß der freien Entscheidung seiner Völker zu entwickeln.

Es steckte sich für die Zukunft einen Weg der Entwicklung und der Integration ab, basierend auf Zusammenarbeit, Solidarität und dem gemeinsamen Willen, die Unabhängigkeit, Souveränität und Identität zu bewahren.

Das Ideal von Simón Bolívar, ein "großes Amerikanisches Vaterland" zu gründen, inspirierte zu wahren Unabhängigkeits-Epen. Im Jahr 1800 hatte man überlegt, Kuba der Union des Nordens anzuschließen, als südliche Grenze des riesigen Imperiums. Im 19. Jahrhundert entstanden die Doktrin "Manifest Destiny" (offensichtliche Bestimmung), die auf die Beherrschung ganz Amerikas und der Welt abzielte, und die Idee der "reifen Frucht" bezüglich des unvermeidlichen gravitationsbedingten Falls Kubas an die amerikanische Union, die die Entstehung und Entwicklung eines eigenen und emanzipatorischen Denkens ablehnte.

Später raubte diese expansionistische und hegemoniale Macht durch Kriege, Eroberungen und Interventionen Unserem Amerika Gebiete und dehnte sich bis zum Rio Grande aus. Nach langen Kämpfen, die scheiterten, organisierte José Martí den "notwendigen Krieg" von 1895 – der Große Krieg, wie er auch genannt wurde, begann im Jahr 1868 – und gründete die Kubanische Revolutionäre Partei, um sie zu führen und eine Republik "mit allen und für das Wohl aller" zu gründen, die beabsichtigte, "die volle Würde des Menschen" zu erringen.

Mit Bestimmtheit und Voraussicht die Züge seiner Zeit definierend, gab sich Martí der Pflicht hin, "mit der Unabhängigkeit Kubas rechtzeitig zu verhindern, dass sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit dieser zusätzlichen Kraft über unsere Länder Amerikas herfallen", wie er wörtlich schrieb. Unser Amerika war für ihn das des Kreolen, des Indios, des Schwarzen und Mulatten, das gemischte und arbeitende Amerika, das gemeinsame Sache mit den Unterdrückten und Geplünderten machen müsse. Über die geografischen Grenzen hinaus ist dies nun ein Ideal, das beginnt, Wirklichkeit zu werden.

Vor 117 Jahren, am 11. April 1898, beantragte der damalige Präsident der Vereinigten Staaten beim Kongress die Genehmigung, militärisch in den Unabhängigkeitskrieg einzugreifen, den Kuba damals schon etwa 30 Jahre lang geführt hatte und der zum Preis von Flüssen kubanischen Blutes bereits gewonnen war, und der US-Kongress gab seine irreführende gemeinsame Resolution heraus, die die Unabhängigkeit der Insel "in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht" anerkannte. Sie kehrten als Verbündete ein und beschlagnahmten das Land als Besatzer. Kuba wurde ein Verfassungsanhang, das Platt-Amendment – bekannt als solches nach dem Namen des Senators, der es vorschlug –, aufgezwungen, das es seiner Souveränität beraubte.

Es ermächtigte den mächtigen Nachbarn zum Eingriff in innere Angelegenheiten und führte zur Einrichtung des Marinestützpunktes von Guantánamo, der noch immer einen Teil unseres Territoriums usurpiert.

In dieser Zeit wuchs die Invasion des nördlichen Kapitals, später gab es zwei militärische Interventionen und grausame Diktaturen wurden unterstützt. Als die Kubaner zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem von seinem Land ernannten Statthalter, einem US-amerikanischen General, ihren Verfassungsentwurf vorlegten, antwortete dieser, es fehle darin etwas.

Auf Nachfrage der Kubaner, die die Verfassung ausgearbeitet hatten, antwortete er: Die Änderung, die von Senator Platt präsentiert wurde, welche das Recht erteilt, in Kuba zu intervenieren, wann immer die Vereinigten Staaten es für notwendig erachten. Sie machten von diesem Recht Gebrauch; natürlich lehnten die Kubaner es ab, und die Antwort war: Okay, wir bleiben hier. Das blieb so bis 1934. Es gab zwei militärische Interventionen und die Unterstützung von grausamen Diktaturen in dem genannten Zeitraum. Gegenüber Lateinamerika herrschte die "Kanonenboot-Politik" und dann die des "guten Nachbarn".

Aufeinander folgende Interventionen stürzten demokratische Regierungen und setzten in 20 Ländern schreckliche Diktaturen ein, zwölf von ihnen zur gleichen Zeit.

Wer von uns erinnert sich nicht an diese erst unlängst vergangene Zeit von Diktaturen überall, vor allem in Südamerika, die Hunderttausende Menschen getötet haben? Präsident Salvador Allende gab uns ein unvergängliches Beispiel. Vor genau 13 Jahren gab es einen Putsch gegen den geliebten Präsidenten Hugo Chávez Frías, den das Volk besiegte. Dann kam fast sofort der kostspielige "Erdölputsch".

Am 1. Januar 1959, 60 Jahre nach dem Einmarsch der US-Soldaten in Havanna, siegte die kubanische Revolution und die von Fidel Castro Ruz geführte Rebellenarmee kam in die Hauptstadt, am gleichen Tag, genau 60 Jahre später. Das ist die Ironie der Geschichte. Das kubanische Volk begann, seine Souveränität voll auszuüben und zahlte einen hohen Preis dafür.

Es waren sechs Jahrzehnte absoluter Herrschaft. Am 6. April 1960, nur ein Jahr nach dem Sieg, schrieb Staatssekretär Lester Mallory ein perverses Memorandum – ich wüsste nicht, wie ich es anders bezeichnen soll. Dieses Memorandum wurde Jahrzehnte später entklassifiziert. Ich zitiere ein paar Absätze: "Die Mehrheit der Kubaner unterstützt Castro ... Es gibt keine wirksame politische Opposition. Das einzige absehbare Mittel, um ihm interne Unterstützung zu nehmen, ist, mittels Enttäuschung und Unzufriedenheit aufgrund wirtschaftlicher Mängel und Elend (...) das Wirtschaftsleben zu schwächen (...) und Kuba Geld und Versorgung zu rauben, um die Nominal- und Reallöhne zu reduzieren und Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung hervorzurufen".

Ende des Zitats. 77 Prozent der kubanischen Bevölkerung sind unter den Strapazen geboren worden, die die Blockade auferlegt, die viel schlimmer sind, als sich selbst viele Kubaner vorstellen. Aber unsere patriotischen Überzeugungen setzten sich durch, die Aggression erhöhte den Widerstand und beschleunigte den revolutionären Prozess.

Dies geschieht, wenn der natürliche revolutionäre Prozess der Völker gestört wird. Der Druck führt zu mehr Revolution, die Geschichte zeigt es, nicht nur im Fall unseres Kontinents oder Kubas. Die Blockade begann nicht mit der Unterzeichnung durch Präsident Kennedy im Jahr 1962. Später werde ich kurz auf ihn eingehen, wegen einer positiven Initiative, der Kontaktaufnahme mit dem Chef unserer Revolution, um das einzuleiten, was Präsident Obama und ich jetzt beginnen; seine entsprechende Botschaft traf fast gleichzeitig mit der Nachricht von seiner Ermordung ein.

Die Aggressivität steigerte sich. Im Jahr 1961 fand der Angriff auf die Schweinebucht statt, eine Söldnerinvasion, die von den Vereinigten Staaten organisiert und finanziert wurde. Sechs Jahre Krieg gegen bewaffnete Gruppen, die zwei Mal das ganze Land erfassten.

Wir hatten kein Radar und unbekannte Flugzeuge – es ist nicht bekannt, woher sie kamen – warfen mit Fallschirmen Waffen ab.

Tausende von Menschenleben haben uns diese Aktionen gekostet; die wirtschaftlichen Kosten haben wir nicht mit Genauigkeit bestimmen können. Im Januar 1965 war der Kampf beendet.  Ende 1959 hatten sie mit der Unterstützung begonnen, zehn oder elf Monate nach dem Sieg der Revolution, als wir noch nicht den Sozialismus erklärt hatten, der im Jahr 1961 erklärt wurde, bei der Beerdigung der Opfer der Bombardierung der Flughäfen am Vortag der Invasion.

Am nächsten Tag traten unsere damalige kleine Armee und unser ganzes Volk an, um diese Aggression zu bekämpfen und erfüllten den Auftrag des Revolutionsführers, sie innerhalb von 72 Stunden zu besiegen.

Denn wenn sie sich am Ort der Landung festgesetzt hätten, vom größten Sumpfgebiet der karibischen Inseln umgeben, hätten sie eine vorher gebildete Regierung – mit Premierminister und ernannten Ministern –, die sich auf dem US-Militärstützpunkt in Florida befand, dorthin befördert.

Wenn sie die Position gefestigt hätten, die sie zunächst besetzten, wäre es ein Leichtes gewesen, diese Regierung nach Playa Girón zu befördern. Und sofort hätte die OAS, die uns bereits bestraft hatte, weil wir "dem Kontinent fremde Ideen" verkündeten, sie anerkannt. Diese in Kuba gebildete Regierung, verschanzt auf einem Stückchen Land, hätte die OAS um Hilfe gebeten und diese Hilfe stand auf US-amerikanischen Kriegsschiffen bereit, drei Meilen vor der Küste entfernt, der damaligen Grenze der Hoheitsgewässer, die jetzt, wie Sie wissen, zwölf Meilen beträgt. Und die Revolution erstarkte weiter, wurde radikaler.

Sonst hätte man aufgeben müssen. Was wäre passiert? Was wäre in Kuba geschehen? Wie viele hunderttausende Kubaner wären gestorben? Denn wir hatten schon Hunderttausende von Kleinwaffen; wir hatten die ersten Panzer erhalten, die wir noch nicht einmal richtig bedienen konnten.

Die Artillerie, wir konnten Salven abgeben, aber wir wussten nicht, wo sie einschlagen würden; was die Miliz-Angehörigen am Morgen lernten, mussten sie am Nachmittag anderen beibringen. Aber es gab sehr viel Mut, man konnte nur einen Weg begehen, denn es war ein Sumpfgebiet, in dem sich die Truppen nicht ausbreiten und keine Panzer und schweren Fahrzeuge eingesetzt werden konnten.

Wir hatten höhere Verluste als die Angreifer. So wurde Fidels Befehl erfüllt, sie innerhalb von 72 Stunden zu schlagen. Dieselbe US-amerikanische Flotte hatte die Expedition von Mittelamerika aus begleitet, und sie war da, von der Küste aus zu sehen, einige ihrer Schiffe nur drei Meilen entfernt. Wie viel hat Guatemala die berühmte Invasion im Jahr 1954 gekostet? Ich erinnere mich gut, denn ich war ein Gefangener im Gefängnis der Insel der Jugend – oder Pinieninsel, wie sie damals hieß – wegen des Moncada-Angriffs ein Jahr vorher.

Wie viele Hunderttausende von Maya-Indios, Indigene und andere guatemaltekische Bürger sind in dem langen Prozess umgekommen, von dem es Jahre dauerte, sich zu erholen? Das war der Anfang. Als wir schon den Sozialismus verkündet hatten und das Volk in der Schweinebucht gekämpft hatte, um ihn zu verteidigen, wurde Präsident Kennedy – den ich schon erwähnt hatte – ermordet, genau in dem Moment, an dem Tag, an dem der Führer der kubanischen Revolution, Fidel Castro, eine Nachricht von ihm – John Kennedy – erhielt, in der er seine Absicht mitteilte, den Dialog einzuleiten.

Nach der "Allianz für den Fortschritt" und nach einer mehrfachen Abzahlung der Auslandsschulden, die nicht verhinderte, dass diese sich weiter vervielfachten, wurde uns als Ausdruck des Imperialismus jener Zeit ein wilder und globalisierter Neoliberalismus aufgezwungen, der ein verlorenes Jahrzehnt in der Region hinterließ.

Der Vorschlag eines überrreifen hemisphärischen Bündnisses gipfelte im Versuch, uns die Freihandelszone der Amerikas (ALCA) aufzuzwingen, die mit der Entstehung dieser Gipfeltreffen in Zusammenhang steht. Diese hätte die Wirtschaft, Souveränität und das gemeinsame Schicksal unserer Nationen zerstört, hätte sie nicht im Jahr 2005 in Mar del Plata unter der Führung der Präsidenten Chávez, Kirchner und Lula Schiffbruch erlitten. Ein Jahr zuvor hatten Chávez und Fidel die Bolivarische Alternative, heute Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA), ins Leben gerufen.

Exzellenzen, wir haben Präsident Barack Obama gegenüber die Bereitschaft ausgedrückt – und ich bekräftige sie noch einmal –, zu einem respektvollen Dialog und zu einem zivilisierten Zusammenleben beider Staaten, aller tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten zum Trotz.

Als einen positiven Schritt bewerte ich dessen jüngste Erklärung, dass er schnell über die Anführung Kubas in der Liste der Länder die den Terrorismus fördern, entscheiden werde – auf der es niemals hätte aufgeführt werden dürfen – die unter der Regierung von Präsident Reagan durchgesetzt worden war. Wir – ein terroristisches Land! Ja, wir haben einige Aktionen der Solidarität mit anderen Völkern durchgeführt, die man als terroristisch betrachten könnte, als wir in die Enge getrieben, bedrängt und unendlich belästigt waren.

Es gab nur die eine Alternative: aufgeben oder kämpfen. Sie wissen, wofür wir uns mit der Unterstützung unseres Volkes entschieden haben. Wer hätte gedacht, dass wir ein ganzes Volk dazu zwingen würden, ein solches Opfer zu bringen, wie es vom kubanischen Volk erbracht wurde, um zu überleben und um anderen Nationen zu helfen?! (Beifall).

Aber nein: "Die Diktatur der Castros hat sie gezwungen", so wie sie sie gezwungen hat, mit 97,5 Prozent der Bevölkerung für den Sozialismus zu stimmen. Ich wiederhole, dass ich die jüngste Erklärung von Präsident Obama, umgehend über Kubas Notierung in der Liste der den Terrorismus fördernden Länder zu entscheiden, als einen positiven Schritt bewerte.

Wie ich sagte, wir hätten niemals auf ihr auftauchen dürfen, denn als man uns dies auferlegte, stellte sich heraus, dass wir die Terroristen sein sollen. Wir, die wir auf unserer Seite die Toten zu beklagen haben, ich habe die genauen Zahlen nicht im Kopf, allein durch den Terrorismus innerhalb Kubas, und in einigen Fällen kubanische Diplomaten in anderen Teilen der Welt, die ermordet wurden.

Man reicht mir gerade die Daten: In dieser Zeit hatten wir 3.478 Tote und 2.099 lebenslang Behinderte und viele weitere Verletzte zu beklagen. Die Terroristen waren also diejenigen, die die Toten stellten. Woher kam dann der Terror? Wer hat ihn verursacht? Einige von denen, die in diesen Tagen in Panama waren, wie der CIA-Agent Rodríguez, der den Che ermordete und seine abgeschnittenen Hände an irgendeinen Ort mitnahm, um anhand der Fingerabdrücke zu beweisen, dass es sich um die Leiche von Che handelte, welche wir später dank der Vermittlung einer befreundeten Regierung in Bolivien wiedererlangten.

Aber gut, seitdem sind wir Terroristen. Ich möchte mich bei Präsident Obama und den anderen hier Anwesenden für meine Ausdrucksweise entschuldigen. Ich habe ihm persönlich bereits gesagt, dass mir die Leidenschaft aus den Poren sprüht, wenn es um die Revolution geht.

Ich entschuldige mich dafür, weil Präsident Obama für nichts von Alledem verantwortlich ist. Wie viele Präsidenten hatten wir? Zehn vor ihm, alle stehen in unserer Schuld, außer Präsident Obama. Nachdem ich so viele harte Dinge über ein System gesagt habe, ist es nur fair, mich zu entschuldigen, denn ich gehöre zu denen, die glauben – und so habe ich es gegenüber einigen Staats- und Regierungschefs, die hier anwesend sind, in privaten Begegnungen mit ihnen in meinem Land geäußert, als ich sie empfing –, dass, meiner Meinung nach, Präsident Obama ein ehrlicher Mann ist. Ich habe einiges in seiner Biographie gelesen, in den beiden Büchern, die erschienen sind, nicht vollständig, das werde ich mit mehr Ruhe tun.

Ich bewundere seine einfache Herkunft, und glaube, dass seine Wesensart auf seine einfache Herkunft zurückzuführen ist (anhaltender Beifall). Über diese Worte habe ich viel nachgedacht, ehe ich sie äußerte, ich hatte sie aufgeschrieben und wieder gestrichen; ich habe sie wieder eingefügt und erneut gestrichen, und schlussendlich habe ich sie gesagt und bin damit zufrieden. Bis heute kommt die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade in ihrer vollen Intensität gegen die Insel zur Anwendung, verursacht für unsere Bevölkerung Schaden und Entbehrung und ist das Haupthindernis für unsere wirtschaftliche Entwicklung.

Sie stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar und ihre exterritoriale Ausdehnung schadet den Interessen aller Staaten. Die seit vielen Jahren fast einmütige Abstimmung in der UNO, mit Ausnahme von Israel und den Vereinigten Staaten selbst, ist kein Zufallsprodukt.

Und solange die Blockade existiert, für die der Präsident nicht verantwortlich ist und die durch spätere Vereinbarungen und Gesetze im Kongress zum Gesetz kodifiziert wurde, das der Präsident nicht ändern kann, müssen wir weiter kämpfen und Präsident Obama in seinen Absichten unterstützen, die Blockade zu beenden (Beifall). Eine Sache ist die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen und eine andere Sache ist die Blockade.

Deshalb bitte ich Sie alle, und das Leben zwingt uns auch dazu, weiterhin diesen Kampf gegen die Blockade zu unterstützen. Exzellenzen, wir haben gegenüber Präsident Obama, der seinerseits bereits zu Zeiten der Politik der Blockade gegen Kuba geboren wurde, öffentlich unsere Wertschätzung für seine mutige Entscheidung geäußert, in die Debatte mit dem US-Kongress zu treten, in der Absicht, selbige zu beenden. Dieser und andere Aspekte müssen in dem Prozess zu einer künftigen Normalisierung der bilateralen Beziehungen gelöst werden.

Unsererseits werden wir uns weiterhin dem Aktualisierungsprozess des kubanischen Wirtschaftsmodells widmen, mit dem Ziel, unseren Sozialismus zu perfektionieren, die Entwicklung voranzutreiben und die Errungenschaften einer Revolution zu konsolidieren, die sich vorgenommen hat, für unser Volk "die volle Gerechtigkeit zu erringen". Was wir tun werden, ist seit 2011 in einem vom Parteitag angenommenen Programm enthalten.

Auf dem nächsten Parteitag, im nächsten Jahr, werden wir es erweitern, werden wir überprüfen, was wir getan haben und wie viel wir noch tun müssen, um die Aufgabe zu erfüllen. Verehrte Kollegen, ich muss Sie warnen, dass ich bei der Hälfte angekommen bin, wenn Sie wollen, höre ich auf, wenn Sie Interesse haben, mache ich weiter. Ich werde ein wenig schneller machen. (Lachen)

Venezuela ist keine Bedrohung der nationalen Sicherheit einer Supermacht wie der Vereinigten Staaten und kann es nicht sein. Es ist positiv zu bewerten, dass der US-Präsident dies anerkannt hat.

Ich muss auf entschlossene und loyale Weise unsere Unterstützung für die Bolivarische Bruderrepublik bekräftigen, für die legitime Regierung und das zivil-militärische Bündnis, das Präsident Nicolás Maduro anführt, für das bolivarische und chavistische Volk, das darum kämpft, seinen eigenen Weg zu gehen, und das nun Destabilisierungsversuchen und einseitigen ungerechten Sanktionen ausgesetzt ist, deren Aufhebung wir fordern. Das Regierungsdekret muss aufgehoben werden, auch wenn es aus rechtlicher Sicht schwer ist, es würde von unserer Gemeinschaft als Beitrag zum Dialog und zum hemisphärischen Verständnis geschätzt werden.

Wir wissen Bescheid. Ich glaube, ich kann einer von den hier Anwesenden sein, die den Prozess in Venezuela am besten kennen, und das nicht, weil wir dort wären oder dort Einfluss ausüben oder sie uns alles erzählen würden. Wir wissen Bescheid, weil sie den gleichen Weg gehen, den wir gegangen sind, und sie die gleichen Aggressionen erleiden, die wir erlitten haben, oder einen Teil davon.

Wir befürworten weiter die Bemühungen der Republik Argentinien zur Wiedererlangung der Malwinen und unterstützen weiterhin ihren legitimen Kampf zur Verteidigung der Finanzhoheit.

Wir unterstützen weiterhin die Aktionen der Republik Ecuador gegen die transnationalen Unternehmen, die Umweltschäden auf seinem Staatsgebiet verursachen und dem Land unfaire Bedingungen aufzwingen wollen.

Ich möchte den Beitrag Brasiliens und von Präsidentin Dilma Rousseff zur Stärkung der regionalen Integration und der Entwicklung einer Sozialpolitik anerkennen, die breiten Teilen des Volkes Fortschritt und Gewinn brachte, und die innerhalb der Offensive gegen verschiedene linke Regierungen der Region rückgängig gemacht werden soll.

Unabänderlich wird unsere Unterstützung gegenüber dem lateinamerikanischen und karibischen Volk von Puerto Rico in seinem Streben nach Erlangung der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit sein, wie das Komitee der Entkolonisierung der Vereinten Nationen es bereits dutzende Male festgestellt hat.

Ebenfalls werden wir unseren Beitrag zum Friedensprozess in Kolumbien bis zu dessen glücklichem Abschluss fortführen.

Wir sollten alle die Hilfe gegenüber Haiti vervielfachen, nicht nur durch humanitären Beistand, sondern mit Ressourcen, die dessen Entwicklung ermöglichen.

Ebenso sollten wir befördern, dass die Länder der Karibik eine gerechte und differenzierte Behandlung in ihren Wirtschaftsbeziehungen erfahren und Wiedergutmachung erhalten für die Schäden, die durch Sklaventum und Kolonialismus hervorgerufen worden sind.

Wir leben unter der Bedrohung riesiger Nuklearwaffenarsenale, die eliminiert werden sollten, und des Klimawandels, der keinen Aufschub duldet.

Die Bedrohungen des Friedens wachsen an und die Konflikte weiten sich aus. Wie es der Präsident Fidel Castro einmal ausdrückte, "liegen die Hauptursachen in der Armut und der Unterentwicklung, und in der ungleichen Verteilung der Reichtümer und der Kenntnisse, die die Welt beherrschen".

Es darf nicht vergessen werden, dass die gegenwärtige Unterentwicklung und Armut die Folge der Eroberung, der Kolonisierung, der Versklavung und der Plünderung des größten Teils der Territorien durch die Kolonialmächte, der Entstehung des Imperialismus und der blutigen Kriege um Neuaufteilungen der Welt sind.

"Die Menschheit muss sich dessen bewusst werden, was wir gewesen sind und was wir nicht weiterhin sein können. Heute" – fuhr Fidel fort – "verfügt unsere Gattung über genügend Kenntnisse, ethische Werte und wissenschaftliche Mittel, um auf eine historische Phase wahrer Gerechtigkeit und Humanismus zuzugehen. Nichts von dem, was heute in der wirtschaftlichen oder politischen Ordnung Bestand hat, dient den Interessen der Menschheit. So kann es nicht bleiben. Sie muss verändert werden", schloss Fidel.

Kuba wird weiterhin die Ideen verteidigen, für die unser Volk die größten Opfer und Risiken auf sich genommen und gekämpft hat, an der Seite der Armen, der Kranken ohne medizinische Behandlung, der Arbeitslosen, der Jungen und Mädchen, die ihrem Schicksal überlassen worden oder gezwungen worden sind, zu arbeiten oder sich zu prostituieren, der Hungernden, der Diskriminierten, der Unterdrückten und der Ausgebeuteten, die die übergroße Mehrheit der Weltbevölkerung darstellen.

Die Finanzspekulation, die Privilegien von Bretton Woods und die unilaterale Absetzung der Konvertibilität des Dollar in Gold wirken immer erstickender. Wir benötigen ein transparentes und gerechtes Finanzsystem.

Es ist nicht akzeptabel, dass weniger als ein Dutzend von Medienkonzernen, insbesondere US-amerikanischer, bestimmen, was auf dem Planeten gelesen, gesehen oder gehört wird. Das Internet braucht eine internationale, demokratische und partizipative Leitung, insbesondere was die Erstellung von Inhalten betrifft.

Die Militarisierung des Cyberspace und die verdeckte und illegale Nutzung von Informatiksystemen für Angriffe auf andere Staaten sind nicht hinnehmbar. Wir werden nicht zulassen, verdummt oder nochmals kolonisiert zu werden. Bezüglich des Internet, das eine wunderbare Erfindung ist, eine der größten der vergangenen Jahre, könnte gesagt werden, indem wir uns an die Äsopische Fabel von der Sprache erinnern, dass das Internet zum Besten dient und sehr nützlich ist, aber gleichzeitig auch zum Schlechtesten.

Herr Präsident, die Beziehungen innerhalb der Hemisphäre müssten sich meiner Meinung nach tiefgreifend verändern, insbesondere im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, damit sie sich auf der Grundlage des Völkerrechts und der Ausübung der Selbstbestimmung und souveränen Gleichheit auf die Entwicklung gegenseitig vorteilhafter und kooperativer Beziehungen konzentrieren, um den Interessen aller unserer Länder und den vorgestellten Zielen zu dienen.

Die Bestätigung der Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens im Januar 2014 während des zweiten Gipfeltreffens der Celac in Havanna stellte einen transzendenten Beitrag hin zu diesem Ziel dar, das von der lateinamerikanischen und karibischen Einheit in Unterschiedlichkeit bestimmt ist. Dies wird durch die Tatsache bewiesen, dass wir uns mit Celac, Unasur, Caricom, Mercosur, ALBA, Sica und dem Bündnis der Staaten der Karibik auf echt lateinamerikanische und karibische Integrationsprozesse zubewegen, die das wachsende Bewusstsein bezüglich der Notwendigkeit unterstreichen, uns zu vereinen, um unsere Entwicklung sicherzustellen.

Die erwähnte Proklamation verpflichtet uns dazu, "die Meinungsverschiedenheiten unter den Nationen auf friedliche Weise, auf dem Wege des Dialogs und der Verhandlung und anderer Lösungsformen und in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu lösen". In Frieden zu leben, indem miteinander kooperiert wird, um den Herausforderungen zu begegnen und die Probleme zu lösen, die uns letzten Endes schaden und uns alle schädigen werden, ist heute eine dringende Notwendigkeit.

Es muss respektiert werden, was in der Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Gebiet des Friedens steht, die von allen Staats- und Regierungschefs Unseres Amerikas unterzeichnet worden ist: "Das unveräußerliche Recht eines jeden Staates, sein politisches, wirtschaftliches, gesellschaftliches und kulturelles System zu wählen als wesentliche Bedingung dafür, das friedliche Zusammenleben der Nationen zu sichern." Mit ihr akzeptieren wir "die Verpflichtung, uns weder direkt noch indirekt in die inneren Angelegenheiten irgendeines anderen Staates einzumischen und die Prinzipien der nationalen Souveränität, Gleichheit der Rechte und die freie Bestimmung der Völker zu wahren" und "die Prinzipien und Normen des Völkerrechts (…) und die Prinzipien und Vorsätze der Charta der Vereinten Nationen zu respektieren". Dieses historische Dokument bittet dringend "alle Mitgliedsstaaten der Internationalen Gemeinschaft, diese Erklärung in ihren Beziehungen mit den Mitgliedsstaaten der Celac voll anzuerkennen".

Wir haben nun die Chance, dass alle, die wir hier sind, lernen, wie es die Erklärung ebenfalls besagt, "die Toleranz auszuüben und in Frieden wie gute Nachbarn zusammenzuleben".

Es gibt wesentliche Diskrepanzen, ja, aber auch übereinstimmende Punkte, in denen wir zusammen arbeiten können, damit es möglich wird, in dieser Welt voller Bedrohungen gegen den Frieden und das Überleben der Menschheit zu leben. Was hindert uns, um innerhalb der Region – wie bereits einige der Präsidenten sagten, die vor mir das Wort ergriffen – der der beiden Amerikas, das Amerika des Nordens und das des Südens, gemeinsam gegen den Terrorismus, den Rauschgifthandel oder das organisierte Verbrechen zu kämpfen, ohne politisch verzerrte Positionen? Warum nicht gemeinsam die notwendigen Ressourcen auftreiben, um die Region mit Schulen und Krankenhäusern zu versorgen – auch wenn sie nicht luxuriös sind, ein bescheidenes Krankenhaus, in jenen Gegenden, wo die Leute sterben, weil es keinen Arzt gibt –, warum nicht Beschäftigung schaffen, in der Beseitigung der Armut vorankommen? Könnten nicht die Ungleichheit in der Verteilung des Reichtums verringert, die Säuglingssterblichkeit eingedämmt, der Hunger, die verhütbaren Krankheiten und der Analphabetismus beseitigt werden? Im vergangenen Jahr stellten wir die Zusammenarbeit der Hemisphäre beim Kampf und der Vorbeugung gegen Ebola her und die Länder der beiden Amerikas arbeiteten Hand in Hand, was uns als Antrieb für größere Anstrengungen dienen sollte.

Kuba, ein kleines Land, das keine natürlichen Rohstoffe besitzt, das sich in einem ausgesprochen feindlichen Kontext entwickelt hat, konnte die volle Teilnahme aller seiner Bürger am politischen und gesellschaftlichen Leben des Landes erreichen; eine Abdeckung mit einem umfassenden kostenlosen Bildungs- und Gesundheitswesen; ein System der sozialen Sicherheit, das garantiert, dass kein Kubaner schutzlos dasteht; wesentliche Fortschritte hinsichtlich Chancengleichheit und des Kampfes gegen jede Art von Diskriminierung; die volle Ausübung der Rechte der Kinder und der Frauen; den Zugang zu Sport und Kultur; das Recht auf das Leben und die Sicherheit der Bürger.

Trotz der Mängel und Schwierigkeiten verfolgen wir weiterhin die Devise, das, was wir besitzen, zu teilen. Gegenwärtig arbeiten 65.000 kubanische Entwicklungshelfer in 89 Ländern, vor allem in den Bereichen der Medizin und Bildung. Auf unserer Insel haben 68.000 Studierte und Fachkräfte aus 157 Ländern ihren Abschluss gemacht, darunter 30.000 im Bereich des Gesundheitswesens.

Wenn Kuba dies mit den geringsten Mitteln geschafft hat, was könnte die Region nicht alles mit dem politischen Willen erreichen, Kräfte zu bündeln, um den bedürftigsten Ländern beizustehen? Dank Fidel und dem heldenhaften kubanischen Volk sind wir zu diesem Gipfeltreffen gekommen, um mit der eigenhändig errungenen Freiheit ein Mandat Martís zu erfüllen, "um, stolz auf unser Amerika, ihm zu dienen und es zu ehren ... mit Entschlossenheit und der Fähigkeit, dazu beizutragen, dass es aufgrund seiner Errungenschaften geschätzt und ihm aufgrund seiner Opfer Respekt gezollt werde", wie es Martí sagte. Herr Präsident, entschuldigen Sie, und Sie alle, die in Anspruch genommene Zeit.

Vielen Dank an alle (Beifall).

(Stenografische Version des Staatsrats)